NACHGEFRAGT

Schlagworte: Zielgruppen und Märkte, Corona-Pandemie

Stimmungsbild aus der Tourismusbranche: Post-Corona-Perspektiven

27. Oktober 2020

Die Corona-Pandemie hat die Tourismusbranche hart getroffen. Welche Herausforderungen und Chancen stecken in dieser Krise und wie könnte der bayerische Tourismus in Zukunft aussehen? Für ein Stimmungsbild hat das BZT vier Fragen an bayerische Tourismusakteurinnen und -akteure gestellt. 13 Expertinnen und Experten erläutern coronabedingte Veränderungen auf der Angebots- und der Nachfrageseite aus ihrer Sicht und benennen die wichtigsten Handlungsfelder für den bayerischen Tourismus insgesamt.

Stimmungsbild

Wie schätzen die Akteurinnen und Akteure des bayerischen Tourismus die derzeitige Situation mit maximal fünf Adjektiven ein? So unterschiedlich die Antworten sind, zeichnen sich doch zwei Tendenzen ab: Auch wenn die derzeitige Lage als “herausfordernd” bis “katastrophal” eingeschätzt wird, so sind viele der Befragten dennoch “zuversichtlich” und nehmen die Situation als Chance wahr. So verwundert es nicht, dass zur Überwindung der Krise aktiv gegengesteuert wird, wie etwa die genannten Adjektive “agil”, “kooperativ”, “motiviert”, “strukturierter werdend”, “verändernd” oder “innovativ” darlegen.

Fast alle Antworten rücken ein Thema besonders in den Vordergrund: die Digitalisierung. Die Coronakrise bringt den Handlungsbedarf auf diesem Gebiet deutlich ans Licht. Dabei geht es um die Digitalisierung für einzelne Stakeholder – etwa in Bezug auf die Angebotssichtbarkeit, der Schärfung von Angeboten oder der Online-Buchbarkeit – als auch um groß angelegte Projekte wie der Besucherlenkung oder einem ganzheitlichen Destinationsmanagement.

Seit dem Beginn der Krise ist eine wichtige Säule des Tourismus ins Wanken geraten: die Planbarkeit. Flexible Buchungs- und Stornierungsmöglichkeiten sind so gewünscht wie noch nie. Touristinnen und Touristen, aber auch Geschäftsreisende, möchten zwar weiterhin verreisen, aber das Risiko eines möglichen Ausfalls der Reise nicht tragen – dies geht zu Lasten der Beherbergungs- und Eventbetriebe.

Die vielfältigen Antworten zeigen aber auch, dass der Inlandstourismus teilweise zugenommen hat und viele Reisende die Destination Deutschland (wieder) zu schätzen lernen. Outdoor-Aktivitäten und Urlaub in der Natur sind besonders nachgefragt sowie individuelle Unterkunftsarten (Campingplätze, Wohnmobile, Ferienhäuser). Viele Betriebe und Verbände blicken aufgrund dieser gesteigerten Nachfrage optimistisch in die Zukunft und passen ihr Angebot dementsprechend an. Aspekte der Nachhaltigkeit und des Naturschutzes werden dabei immer stärker berücksichtigt werden.

Auch die Politik ist nun gefragt, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Unterstützung wird in folgenden Bereichen gefordert:

  • Steigerung der Arbeitsplatz-Attraktivität,
  • Ausbau einer digitalen Infrastruktur,
  • zukunftsfähige Umstrukturierungen aufgrund des Klimawandels und zugunsten des Naturschutzes und
  • ein regionalübergreifendes, vernetztes Marketing.

Wie würden Sie die jetzige Situation Ihres Verbandes/Betriebes/Vereins mit maximal fünf Adjektiven beschreiben?

herausfordernd, weitsichtig, krisenbewältigend, hektisch, tagesgeschäftig

Erwarten Sie auf der Nachfrageseite dauerhafte Veränderungen? Wenn ja, welche?

Die Planbarkeit, die für den Tourismus so wichtig ist, ist quasi nicht mehr da. Es wird nur noch kurzfristig gebucht. Wir laufen Gefahr, dass uns die Infrastruktur wegbricht – etwa Busunternehmen, Airlines, Veranstalter, Hotels usw. All diese könnten dauerhaft vom Markt verschwinden, weil das Geschäft durch die Pandemie unplanbar geworden ist. Und mit dieser Unplanbarkeit werden wir noch lange zurechtkommen müssen. Touristen erwarten hier volle Flexibilität – vor allem im Bereich der kostenlosen Stornierung. Das wiederum ist genau das, was ein Hotelier nicht möchte. Hier muss ein Kompromiss gefunden werden, der für Leistungsträger und Kunden tragbar ist. Das Risiko muss geteilt werden.

Wird es auf der Angebotsseite Ihrerseits dauerhafte Veränderungen geben? Wenn ja, welche?

Unternehmen werden vor große Herausforderungen gestellt, mit weniger Einnahmen ein komplexeres Angebot bereitzustellen. Das merken wir auch in den Verbänden. Viele rechtliche Vorgaben, auch aus Brüssel, die Mitgliederbetreuung, als auch die Initiativen einzelner Verbände sind unglaublich kleinteilig und arbeitsintensiv. Auch durch Kurzarbeitergeld und Überbrückungshilfen gibt es in Unternehmen derzeit keine Weiterentwicklung. Da muss man sich die Frage stellen, ob wir die Betriebe an den richtigen Stellen unterstützen. Unternehmen müssen raus aus dem Krisenmodus und wieder Sichtbarkeit erzeugen. Wir müssen in ein „new normal“ kommen und sichere Systeme während der Coronakrise schaffen. Im Gegensatz zu Beginn der Pandemie haben wir ja schon unglaublich dazugelernt und überall Konzepte entwickelt, um „gesunde“ Räume zu ermöglichen. Die Reisenden sind mit den Schutzmaßnahmen vertraut und die Akzeptanz für Maßnahmen ist grundsätzlich immer noch hoch.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten zukünftigen Handlungsfelder für den gesamten Tourismus in Bayern? Wie müssen diese Maßnahmen politisch flankiert werden?

Also grundsätzlich fehlt es an vielen Stellen an Mut! Aber es ist auch verständlich, dass viele jetzt eher ans Aufgeben denken. Die Corona-Pandemie bringt den Inlands- und Auslandstourismus derzeit an seine Grenzen. Kein Wunder, dass Unternehmen ihre Kapazitäten runterfahren. Dadurch entstehen gewaltige Investitionslücken und die Konkurrenz zu Mitbewerbern wird immer größer – vor allem im Bereich der Digitalisierung. Daher sollte die Politik proaktiv Projekte fördern, die sich für Nachhaltigkeit, Digitalisierung oder Unternehmensentwicklung einsetzen. Gerade auf dem Weg zur Digitalisierung sollten wir jetzt nicht sparen. Insbesondere Mitarbeiter aus der IT sind in anderen Branchen gefragt. Durch Kurzarbeit könnten wir dieses Knowhow erst recht verlieren. Das betrifft auch die Politik – etwa im Bereich der Besucherlenkung. Wir haben alle Daten, um das richtig aufzubauen. Es bedarf allerdings Konzepte, die übertragbar sind, nicht nur regionaler Krücken. Hier sollte viel größer gedacht werden! Warum kann eine App zur Besucherlenkung nicht auch Marketinginstrument einer Destination sein – mit einem umfassenden Informations- und Produktangebot? Und natürlich ist das Thema Nachhaltigkeit immer aktuell. Da liegt eine große Chance drin, jetzt die Basisstrukturen für die Zukunft zu gestalten.

Michael Lidl

Geschäftsführender Partner
Treugast Solutions Group

Wie würden Sie die jetzige Situation Ihres Verbandes/Betriebes/Vereins mit maximal fünf Adjektiven beschreiben?

herausfordernd, chancenreich, dynamisch, dramatisch, bedrohlich

Erwarten Sie auf der Nachfrageseite dauerhafte Veränderungen? Wenn ja, welche?

Ich rechne mit einer Steigerung erdgebundener Reisen sowie dem Urlaub im eigenen Land. Zudem wird sich im Nachfrageverhalten der Hotelgäste (Bleisure Gast) zunehmend eine Vermischung von Berufs- und Privatleben zeigen. Auch wird es zu einem Rückgang des Flugpassagieraufkommens in der Kurzstrecke (insbesondere fly in & out Tagestrips) kommen.

Wird es auf der Angebotsseite Ihrerseits dauerhafte Veränderungen geben? Wenn ja, welche?

Es wird zu einer Beschleunigung der Marktkonsolidierung durch Corona-bedingte Betriebsaufgaben und -übernahmen kommen. Das führt zu einer Steigerung der Markendurchdringung und der durchschnittlichen Betriebsgröße. Die Bettenkapazitäten werden weiterhin leicht steigen.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten zukünftigen Handlungsfelder für den gesamten Tourismus in Bayern? Wie müssen diese Maßnahmen politisch flankiert werden?

1. Fortlaufende Investitionen in ganzheitlichen & zukunftsfähigen Tourismusbetrieben / -projekten (ganzheitlich bedeutet auch Verkehrskonzepte und Infrastrukturkonzepte zu berücksichtigen – vgl. Garmisch Partenkirchen: Ausbau der Passagier-Kapazitäten durch neue Zugspitzbahn ohne Ausbau der Parkplatz-Kapazitäten oder der Zugverbindungen)
2. Beschleunigung der Digitalisierung
3. Steigerung der Arbeitsplatz-Attraktivität in Zeiten des Fachkräftemangels

Neben Förderung von Investitionen sollten vor allem zum Thema Fachkräftemangel positive politische Anreize gesetzt werden, um entsprechende Vorhaben zu unterstützen und zu belohnen. Das jetzige Modell des Mindestlohns, der keinerlei Sonn- und Feiertagszuschüsse oder ähnliche Lohnbestandteile oder auch Trinkgelder berücksichtigt, ist für die Tourismusbranche ein kritischer Faktor in den kommenden Jahren. Viele Betriebe werden sich die steigenden Personalkosten nicht leisten können. Hier bedarf es politisches Verständnis und Engagement bei der Bewältigung des Problems.

Andrea Nestle

Leitung
Center Parcs – Park Allgäu

Wie würden Sie die jetzige Situation Ihres Verbandes/Betriebes/Vereins mit maximal fünf Adjektiven beschreiben?

coronasicher, dynamisch, herausfordernd, krisensicher, agil

Erwarten Sie auf der Nachfrageseite dauerhafte Veränderungen? Wenn ja, welche?

Urlaub im eigenen Land und nicht weit weg von Zuhause kündigte sich bereits in letzten Jahren als eine neue Urlaubsform an. Die aktuellen Einschränkungen durch Corona haben die Reisepläne vieler Erholungssuchender durcheinandergebracht. Die Sehnsucht nach einem Tapetenwechsel aber ist geblieben. Rund 40 Prozent planen dabei einen Urlaub in Ferienhaus oder -wohnung. Die jüngsten Entwicklungen bringen also auch einen klaren Trend hervor: Das Mieten einer Ferienwohnung im eigenen Land ist so beliebt wie nie. Und Center Parcs bietet eine Lösung, wonach sich viele Urlauber sehnen: Ein vielseitiges Urlaubserlebnis in der näheren Umgebung mit ganzjährig nutzbaren Aktivitäten, einem Ferienhaus inmitten von Natur und mit einem ausgearbeiteten Hygienekonzept, das durch Vor-Ort-Audits des SGS INSTITUT FRESENIUS geprüft und zertifiziert wurde.

Wird es auf der Angebotsseite Ihrerseits dauerhafte Veränderungen geben? Wenn ja, welche?

Unsere Parks befinden sich in ländlichen und großräumigen Gebieten, die Urlauber einfach mit dem eigenen Auto erreichen können. In unseren voll ausgestatteten Ferienhäusern inmitten idyllischer Natur und mit privater Terrasse genießen Gäste zudem Privatsphäre, Behaglichkeit und ein Gefühl der Sicherheit wie in den eigenen vier Wänden. Neben diesem wichtigen Aspekt werden auch die Outdoor-Aktivitäten weiter ausgebaut werden. Urlaub in der Natur ist so gefragt wie nie. Wandern, Fahrradfahren, weitere Aktivitäten an der frischen Luft werden immer mehr an Bedeutung gewinnen. Unsere Gäste können sich zudem im Ferienhaus in der komplett ausgestatteten Küche selbst versorgen. Aber auch die Lieferservices in den gastronomischen Bereichen wurden und werden weiter ausgebaut. Sicher wird aber auch die Möglichkeit eines gastronomischen Angebots im Freien das ganze Jahr über ein starkes Wachstum erleben.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten zukünftigen Handlungsfelder für den gesamten Tourismus in Bayern? Wie müssen diese Maßnahmen politisch flankiert werden?

Die weltweite Ausbreitung des Coronavirus stellt derzeit die Menschen, Volkswirtschaften und Unternehmen auf der ganzen Welt vor noch nie dagewesene Herausforderungen. Urlaub im eigenen Land bekommt nun noch einmal eine ganz neue Bedeutung. Daher werden auch sicher das Destinationsmarketing, der Ausbau des Tourismusangebotes und auch das Thema nachhaltiger Tourismus besonderes Augenmerk benötigen.

Bernhard Joachim

Geschäftsführung
Allgäu GmbH

Wie würden Sie die jetzige Situation Ihres Verbandes/Betriebes/Vereins mit maximal fünf Adjektiven beschreiben?

wichtiger, akzeptiert, sicher, Orientierung gebend, standfest

Erwarten Sie auf der Nachfrageseite dauerhafte Veränderungen? Wenn ja, welche?

Verschiedene Gespräche und der regelmäßige Austausch mit der Beherbergungswirtschaft im Allgäu haben für diesen „Coronasommer“ gezeigt, dass insbesondere neue Gäste, verstärkt auch in Form von jungen Familien die Allgäuer Beherbergungsangebote gebucht und genutzt haben. Es wird von einem Anteil von bis zu 60 Prozent neuen Gästen berichtet. Ein weiterer Effekt ist, dass gerade auch Familien und jüngere Gäste als neue Gäste sehr zahlungskräftig sind. Ein Blick auf die aktuelle Tourismusstatistik zeigt eine deutlich höhere Aufenthaltsdauer als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Jetzt geht es vor allem auch darum, die neuen Gäste zu „Allgäufans“ und damit zu Stammgästen zu machen.

Wird es auf der Angebotsseite Ihrerseits dauerhafte Veränderungen geben? Wenn ja, welche?

Mit der Marken- und Destinationsstrategie Allgäu haben wir bereits im vergangenen Jahr einen weiten Blick in die Zukunft gesetzt. Die Ergebnisse und Erkenntnisse können, hervorgerufen durch die Coronasituation, teilweise deutlich früher Realität werden. Hierzu gehören die Schlagworte „neue Regionalität“, nachhaltige Angebote, Verständnis für den Lebensraum Allgäu, auch in Verbindung mit der Thematik Besucherlenkung. Wenn wir, wie in diesem Sommer bereits beobachtet, neue Gäste bekommen, werden wir auch verstärkt neue Zielgruppen ansprechen. Auch hierzu haben wir uns bereits entsprechende Gedanken gemacht und setzen gerade das Marketing für neue, ergänzende Zielgruppen auf.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten zukünftigen Handlungsfelder für den gesamten Tourismus in Bayern? Wie müssen diese Maßnahmen politisch flankiert werden?

Die Tourismuspolitik und damit die wertvolle Förderung des Tourismus in Bayern dürfen nicht zur Disposition stehen. Ein wichtiges Handlungsfeld ist das Thema Besucherlenkung auf der Straße und in der Natur, dabei ist ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung und Vereinbarung eines integrierten Mobilitätskonzeptes zu legen. Besondere Bedeutung mit hohem Profilierungspotenzial sehe ich in den Themenfeldern „neue Regionalität“ und „Verantwortung für Mensch und Natur“.

Yvonne Coulin

Geschäftsführung
Congress-und Tourismus-Zentrale Nürnberg

Wie würden Sie die jetzige Situation Ihres Verbandes/Betriebes/Vereins mit maximal fünf Adjektiven beschreiben?

flexibel, produktiv, motiviert, angespannt

Erwarten Sie auf der Nachfrageseite dauerhafte Veränderungen? Wenn ja, welche?

Nürnberg ist ein Business- und Messestandort, 70 Prozent aller Übernachtungen werden durch Messe-, Kongress- und Geschäftsgäste generiert. Dauerhaft werden sich hybride Veranstaltungen im Messe-, Kongress- und Tagungsbereich etablieren und zunehmen. Deshalb müssen wir mit einem niedrigeren Niveau an Übernachtungen im Business-Segment rechnen. Schätzungsweise wird der Rückgang zwischen minus 10 bis minus 20 Prozent liegen, da die Teilnehmer künftig digital an den Veranstaltungen teilnehmen werden. Auch im Bereich der Dienstreisen werden wir dauerhaft rund ein Drittel verlieren, da Meetings vermehrt digital stattfinden werden.

Wird es auf der Angebotsseite Ihrerseits dauerhafte Veränderungen geben? Wenn ja, welche?

Aufgrund der veränderten Nachfrage im Business-Bereich muss Nürnberg sich noch stärker als Leisure-Destination positionieren. Hinzu kommt, dass die Top 3-Märkte für Nürnberg USA, Italien und Großbritannien sich nur sehr langsam erholen werden. Der erste Ansatz, um hier nachhaltig zu arbeiten, war unsere Sommerkampagne #Stadtglück für die DACH-Märkte, die nun auch auf den Herbst angepasst weiterlaufen wird. Des Weiteren hoffen wir durch die Kulturhauptstadtbewerbung Nürnbergs für das Jahr 2025 auf einen positiven Effekt bei den internationalen Übernachtungen.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten zukünftigen Handlungsfelder für den gesamten Tourismus in Bayern? Wie müssen diese Maßnahmen politisch flankiert werden?

Damit Nürnberg eine lebendige Stadt und somit ein attraktives Reiseziel bleibt, müssen verschiedene Handlungsfelder für den Tourismus in Angriff genommen werden. Zum einen müssen wir uns Gedanken über die richtige Besucherlenkung machen, um die Ströme auch abseits der bekannten Routen in interessante Stadtteile zu bringen und so neue Erlebniswelten für die Gäste zu schaffen. Bei diesen Erlebniswelten muss natürlich sichergestellt sein, dass sie eine besondere Attraktivität besitzen. Zum anderen müssen alle Maßnahmen nachhaltig sein, um diese dauerhaft und somit wirksam implementieren zu können.

Dr. Michael Braun

Vorstand
Tourismusverband Ostbayern e. V.

Wie würden Sie die jetzige Situation Ihres Verbandes/Betriebes/Vereins mit maximal fünf Adjektiven beschreiben?

unausgeglichen, angespannt, unsicher, zuversichtlich

Erwarten Sie auf der Nachfrageseite dauerhafte Veränderungen? Wenn ja, welche?

Der Trend zu naturnahem Tourismus steigt weiter. Buchungsentscheidungen werden eher kurzfristiger getroffen. Es gibt einen Anstieg an Buchungen stornierbarer Angebote. „Kontaktlose“ Online-Buchungen werden weiter steigen und diese vermehrt über mobile Endgeräte getätigt werden. Camping- und Wohnmobilurlaube bleiben weiterhin stark nachgefragt.

Wird es auf der Angebotsseite Ihrerseits dauerhafte Veränderungen geben? Wenn ja, welche?

Das touristische Angebot wird digital sichtbarer. Outdoorangebote werden weiterentwickelt und Angebote werden flexibler buch- und stornierbar.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten zukünftigen Handlungsfelder für den gesamten Tourismus in Bayern? Wie müssen diese Maßnahmen politisch flankiert werden?

Die Digitalisierung aller touristischer Angeboten steht an oberster Stelle. In Post-Corona-Zeiten müssen touristische Angebote in der Fläche aufrechterhalten werden – trotz überschuldeter Anbieter, Investitionsstau und geringerer Nachfrage. Eine Sensibilisierung zum Umgang mit der Natur ist notwendig (gegebenenfalls mit Verhaltensregeln).

Rolf Eberhardt

Geschäftsführung
Naturpark Nagelfluhkette e. V.

Wie würden Sie die jetzige Situation Ihres Verbandes/Betriebes/Vereins mit maximal fünf Adjektiven beschreiben?

herausfordernd, chancenreich, unübersichtlich

Erwarten Sie auf der Nachfrageseite dauerhafte Veränderungen? Wenn ja, welche?

Urlaub und Freizeitaktivitäten konzentrieren sich vermutlich dauerhaft stärker auf Wandern, Radfahren (Trend: E-Bike), Schneeschuhgehen beziehungsweise Skitouren sowie auf Genuss orientierte Aktivitäten. Sehnsuchtsorte in der Natur werden intensiver gesucht und (auch als Folge sozialer Medien) gefunden. Insbesondere die Sehnsuchtsorte müssen wesentlich besser, im Sinne der sozial-ökologischen Tragfähigkeit der vielfältigen Nutzungen, gemanagt werden. Die bessere Erreichbarkeit bisher abgelegener Räume (etwa durch E-Bikes) führt zu einer raum-zeitlichen Ausdehnung von Freizeitaktivitäten. Im Sinne einer integrierten Raumkonzeption müssen deshalb Vorrangzonen für Tourismus und Freizeit sowie für den Erhalt von Naturwerten ausgearbeitet werden. Regionalität und nachvollziehbare Qualität bei gastronomischen Angeboten dürften stärker nachgefragt werden.

Wird es auf der Angebotsseite Ihrerseits dauerhafte Veränderungen geben? Wenn ja, welche?

Wir planen das Naturparkinformationszentrum noch stärker als Drehscheibe und Anlaufstelle für alle Fragen des Besucherlenkung- beziehungsweise des Lebensraummanagements zu entwickeln. Das gesamte Naturparkteam, inklusive der Naturparkranger, werden sich noch stärker darum bemühen, „Übersetzer“ zwischen den Naturschutzbelangen und den Anbietern beziehungsweise den Grundeigentümern/Landbewirtschaftern zu sein. Das Naturpark-Partnerprogramm soll intensiviert werden und dadurch der Wissenstransfer zwischen den Akteursgruppen verbessert werden. Wir werden zudem alle bisherigen Maßnahmen dahingehend überprüfen, ob Anpassungen aufgrund der Folgen des Klimawandels notwendig werden.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten zukünftigen Handlungsfelder für den gesamten Tourismus in Bayern? Wie müssen diese Maßnahmen politisch flankiert werden?

1. Es muss künftig noch mehr Energie in die Planung und Durchführung breit angelegter Lenkungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen gelegt werden. Dies betrifft sowohl die An- und Abreise inklusive Parkraummanagement, als auch die Lenkung der Gäste im Gelände. Lenkung muss immer die Bedürfnisse der zu Lenkenden, der Natur und der Grundeigentümer/Landbewirtschafter berücksichtigen. Ein wesentlich verbessertes Management der Sehnsuchtsorte ist dringend erforderlich. Die Sehnsuchtsorte werden durch die Bewerbung in den sozialen Medien laufend besser bekannt. Der Klimawandel führt zudem zu einer stärkeren Fokussierung auf einzelne Hot-Spots – so führt etwa die allgemeine Schneearmut zu Konzentrationen von Wintersportlern auf die wenigen leicht erreichbaren Flächen mit Schnee. Dort entstehen gegebenenfalls gravierende Schäden am Naturraum.
2. Die Mountainbike- und Wanderwegeinfrastruktur muss klar definiert und mit den Grundeigentümern/Landbewirtschaftern vereinbart werden. Schäden, die durch intensive Nutzung und den Folgen des Klimawandels entstehen (etwa durch die Zunahme von Starkregenereignissen), müssen von den lokal Zuständigen beseitigt, beziehungsweise Wege zum Schutz von Naturgütern verlegt werden können (finanziell und hinsichtlich der Arbeitsbelastung).
3. Es muss verstärkt Energie in eine querschnittsorientierte Wissensvermittlung gelegt werden. Touristische Leistungsträger, Grundeigentümer/Landbewirtschafter, Naturschutzvertreter, regionale Produzenten etc. müssen sich intensiver austauschen und gegenseitig weiterbringen. Nur so ist eine Entwicklung im Sinne eines integrierten Lebensraummodells möglich.
Zu allen Themen haben die Bayerischen Naturparke im Übrigen eine hervorragende Expertise und sollten künftig stärker in Strategieentwicklung und Umsetzung einbezogen werden.
Die politischen Vertreter sollten sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass ein querschnittsorientiertes Planen und Handeln erleichtert wird und nicht – wie bisher leider oftmals – aufgrund eines Beharren auf Ressortzuständigkeiten in den Verwaltungen scheitert!

Wie würden Sie die jetzige Situation Ihres Verbandes/Betriebes/Vereins mit maximal fünf Adjektiven beschreiben?

motiviert, angespannt, zuversichtlich

Erwarten Sie auf der Nachfrageseite dauerhafte Veränderungen? Wenn ja, welche?

Bisher ist von einer dauerhaften Nachfrageänderung nicht auszugehen. Allerdings ist zu erkennen, dass die bisherige Nachfrage mittelfristig, das heißt bis mindestens 2021 (inklusive), nicht erfolgt. Dies gilt sowohl für die Zahl als auch für die Art der Buchungen. In der Bustouristik hat sich zwischenzeitlich der Fokus eindeutig auf Ein- bis maximal Dreitagesausflüge gelegt. Urlaubsreisen ins europäische Ausland sind beinahe komplett und auf absehbare Zeit zum Erliegen gekommen.

Wird es auf der Angebotsseite Ihrerseits dauerhafte Veränderungen geben? Wenn ja, welche?

Von einer dauerhaften Veränderung gehen wir aktuell nicht aus, jedoch tragen die Unternehmen derzeit den veränderten Kundenwünschen und Corona-Tatsachen Rechnung und bieten vornehmlich kurze Ausflüge an. Sicherlich von Dauer wird der stärkere Fokus auf Sicherheit und Hygiene bei Busreisen bleiben. Diesem Bedürfnis tragen die Unternehmen mit umfangreichen Informationen und Maßnahmen Rechnung.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten zukünftigen Handlungsfelder für den gesamten Tourismus in Bayern? Wie müssen diese Maßnahmen politisch flankiert werden?

Von entscheidender Bedeutung für alle Touristiker wird sein, dass zukünftig klare Regeln, wie mit Stornierungen aufgrund derartiger Extremsituationen (Risikogebiete etc.) umgegangen wird, gefunden werden. Derzeit geht es zu vollen Lasten und vollem Risiko der Betriebe. Hier sollte nachgebessert werden, in der Form, dass für bereits erbrachte Leistungen (Beratung etc.) ein vom Kunden zu zahlender Ausfallbetrag die Existenz der Betriebe sichern hilft.

Wie würden Sie die jetzige Situation Ihres Verbandes/Betriebes/Vereins mit maximal fünf Adjektiven beschreiben?

optimistisch, zukunftsorientiert, modern, kooperativ, nachgefragt

Erwarten Sie auf der Nachfrageseite dauerhafte Veränderungen? Wenn ja, welche?

Wir erwarten auch im kommenden Jahr eine starke Nachfrage nach Urlaub auf dem Bauernhof. Die Aufenthaltsdauer auf unseren Betrieben ist bereits länger als auf anderen Betriebsarten. Sie liegt durchschnittlich bei einer Woche – in den Sommerferien meist bei 14 Tagen. Durch die aktuell unsichere Situation, vor allem was Auslandsreisen angeht, können wir feststellen, dass vermehrt Buchungen für das kommende Jahr auch in der Nebensaison häufiger als bisher einen Zeitraum von zwei Wochen betragen. Es wird folglich der Haupturlaub im Inland geplant.

Wird es auf der Angebotsseite Ihrerseits dauerhafte Veränderungen geben? Wenn ja, welche?

Die Herausforderung der Angebotsseite besteht darin, den steigenden Erwartungen der Gäste gerecht zu werden. Daran arbeiten wir kontinuierlich. Die Nachfrage nach Campingurlaub ist durch Corona noch stärker gestiegen. Wir kooperieren mit der Firma Dethleffs und vermarkten nun auch das Thema Camping auf dem Bauernhof. Je Betrieb ist es möglich, bis zu drei Stellplätze genehmigungsfrei zu vermieten.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten zukünftigen Handlungsfelder für den gesamten Tourismus in Bayern? Wie müssen diese Maßnahmen politisch flankiert werden?

Wichtige Stellschrauben im Bayerischen Tourismus werden eine stringente und gezielte Vermarktung sowie destinationsübergreifendes Denken und Handeln und die Modernisierung und Schulung der Leistungsträger sein. Politisch müssen diese Maßnahmen flankiert werden durch ein bayernweites Vermarktungskonzept und Kanalisierung der Ausgaben für Tourismus. Bauen im Außenbereich und somit die Weiterentwicklung der Betriebe muss gewährleistet sein. Die Bayerische Bauordnung ist in der Auslegung sehr flexibel und vieles ist möglich. Die politischen Entscheidungsträger haben hier einen großen Spielraum, der leider oft nicht genutzt wird.

Georg Spätling

Geschäftsführung
Camping in Bayern Service & Marketing GmbH

Wie würden Sie die jetzige Situation Ihres Verbandes/Betriebes/Vereins mit maximal fünf Adjektiven beschreiben?

beschleunigt, geklärt, transparenter werdend, strukturierter werdend, herausfordernd

Erwarten Sie auf der Nachfrageseite dauerhafte Veränderungen? Wenn ja, welche?

Ja, ich erwarte Veränderungen. Es wird grundsätzlich mehr Gäste auf den Campingplätzen geben und zwar in allen Unterkunftsarten: Standplätze für Wohnmobile, Caravans, Zelte sowie Mietunterkünfte. Somit gibt es zusätzliche Gäste, die Standplätze für Vans und Wohnmobile benötigen. Es gibt eine Nachfragesteigerung nach Sicherheit und wir beobachten eine verstärkte Nachfrage nach freien Kapazitäten und der Möglichkeit, Buchungen online durchzuführen.

Wird es auf der Angebotsseite Ihrerseits dauerhafte Veränderungen geben? Wenn ja, welche?

Aufgrund der hohen Nachfrage ist eine Ausweitung der Standplatzkapazitäten denkbar. Falls neu gebaut wird, könnte dieser von vornherein „pandemiegerecht“ sein. Wobei die Campingwirtschaft bereits jetzt sehr hohe Qualität und Sicherheit bietet. Sie kommt durch ihr grundsätzliches Konzept – ‚der Gast macht Urlaub in der Natur und hat sein eigenes Feriendomizil dabei‘ – verhältnismäßig gut mit Hygiene- und Abstandsregeln zurecht. Wir brauchen mehr digitale Informations- und Buchungsangebote.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten zukünftigen Handlungsfelder für den gesamten Tourismus in Bayern? Wie müssen diese Maßnahmen politisch flankiert werden?

Angebote müssen in den Tourismusregionen verbunden werden und es braucht eine digitale Infrastruktur für Touristen und Touristinnen. Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sollte verstärkt werden, um stark frequentierte Regionen zu entlasten.

Benjamin Förtsch

Geschäftsführung
Creativhotel Luise Erlangen

Wie würden Sie die jetzige Situation Ihres Verbandes/Betriebes/Vereins mit maximal fünf Adjektiven beschreiben?

katastrophal, verändernd, innovativ, restrukturierend, dynamisch

Erwarten Sie auf der Nachfrageseite dauerhafte Veränderungen? Wenn ja, welche?

Wir rechnen als Stadthotel mit einem deutlichen Rückgang an Geschäftsreisen, allerdings auch mit einer positiven Veränderung. Das Bedürfnis an individuellen Erlebnissen und Tagungen steigt, es wird eine andere Qualität erwartet. Letztlich geht die Veränderung von Quantität zu Qualität (quality time). Gäste bilden ein neues Bewusstsein über Nachhaltigkeit, Sauberkeit und Qualität.

Wird es auf der Angebotsseite Ihrerseits dauerhafte Veränderungen geben? Wenn ja, welche?

Wir versuchen uns neu aufzustellen und von einem stark geschäftsorientierten Hotel zu einem erlebnisorientierten Hotelkonzept zu kommen. Die Angebotspalette soll erweitert werden und neue Add-ons sollen den Gast begeistern. Wir werden mehr Fokus auf Private-Spa und Massagen legen.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten zukünftigen Handlungsfelder für den gesamten Tourismus in Bayern? Wie müssen diese Maßnahmen politisch flankiert werden?

1. Nachhaltige Urlaubserlebnisse im Sinne von reduzierten, individuellen Angeboten. Weg vom Massentourismus, mehr Kleinereignisse schaffen im Gegensatz zu Großereignissen. Dezentralisierung von touristischen Angeboten.
2. Digitalisierung und die Verbindung von Gästebedürfnissen und Angebotsmöglichkeiten, einen digitalen Dialog schaffen, um schneller und dynamischer auf neue Trends und Wünsche eingehen zu können.
3. Prozessoptimierung und Personenflüsse organisieren. Durch neue Zeitslots und erhöhten Planungsaufwand durch Coronabeschränkungen ist man gefragt, zeitoptimierte Abläufe zu entwickeln, um Kunden gut und kontinuierlich abwickeln zu können.

Thomas Bösl

Geschäftsführung
Raiffeisen-Tours RT-Reisen GmbH (rtk)

Wie würden Sie die jetzige Situation Ihres Verbandes/Betriebes/Vereins mit maximal fünf Adjektiven beschreiben?

unsicher, schwierig, chancenreich

Erwarten Sie auf der Nachfrageseite dauerhafte Veränderungen? Wenn ja, welche?

Tourismustrends werden sich verstärken – vor allem im Bereich der Nachhaltigkeit. Kunden wünschen sich ein authentisches, ganzheitliches Urlaubsprodukt. Das reicht weit über die Frage hinaus, wie nachhaltig sich eine Anreise gestaltet. Aufgrund der jetzigen Situation sehe ich die Chance, dass Deutschland als Urlaubsregion langfristig attraktiver wird. Die Entwicklungen in diesem Sommer und vermutlich auch im nächsten Jahr werden zu einem bewussteren Umgang mit dem „Produkt“ Deutschland führen. Angebote in abgelegene Regionen erfahren gerade eine hohe Nachfrage. Das führt im Moment zu einer Verknappung des Angebots. Jedoch wird sich die Nachfrage nach deutschen Urlaubsdestinationen mit zunehmenden Reisemöglichkeiten ins Ausland auch wieder relativieren.

Wird es auf der Angebotsseite Ihrerseits dauerhafte Veränderungen geben? Wenn ja, welche?

Strukturen, die über viele Jahre existieren, brechen gerade auf. Daraus entsteht Unruhe, aber ich sehe eine große Chance. Einige Tendenzen, die wir schon jetzt beobachten, werden sich in vielen Bereichen verstärken – etwa eine vermehrte Eigenanreise und das Buchen von Individualreisen. Flugreisen werden heute oft als umständlich wahrgenommen – hohe Sicherheitsvorkehrungen, beengte Sitzverhältnisse. So wird die „erdgebundene“ Selbstanreise vermehrt bevorzugt werden. Auf allen Ebenen ist eine Verstärkung der Digitalisierung erkennbar: Der Weg des Produktes zum Kunden wird digitaler. Im heutigen Käufermarkt muss das Produkt noch stärker als in der Vergangenheit den Kunden finden, daher wird ein zielgerichtetes Marketing nach Nutzerverhalten zunehmen. Ich sehe die Corona-Pandemie als einen Beschleuniger, keinen maßgeblichen Veränderungsinitiator.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten zukünftigen Handlungsfelder für den gesamten Tourismus in Bayern? Wie müssen diese Maßnahmen politisch flankiert werden?

Das ist zum einen die Digitalisierung. Kleine Betriebe haben noch immer Schwierigkeiten, sich digital zu vermarkten beziehungsweise sich buchbar zu machen. Viele sind auf den internationalen Plattformen vertreten, aber nicht auf den regionalen oder nationalen Plattformen. Das teilweise kleinteilige, authentische Angebot wird hier zum Nachteil, da Betriebe schlichtweg keine Sichtbarkeit in der digitalen Welt haben. Aber genau das wird von Kunden gewollt – ein schneller, digitaler, vernetzter Zugriff auf Angebote. Da hat die Branche auf vielen Ebenen einen Nachholbedarf – das hat die Pandemie in den letzten Monaten deutlich gezeigt. Des Weiteren benötigen wir dringend eine Schärfung der Produktangebote – die in einem globalen Wettbewerb standhalten. Wir brauchen klare Produktdefinitionen und ganzheitliche Angebote. Und zuletzt ist das Thema Vermarktung ein Dauer-Handlungsfeld. Die Regionalpolitik sollte Vermarktungsverbände erneuen beziehungsweise schaffen, um den Erwartungen der Branche gerecht zu werden. Gute Vermarktungsstrukturen auf regionaler Ebene sind da unabdingbar, um eine Professionalität und gute Auslastungszahlen – auch außerhalb der Kernurlaubszeiten – zu erreichen. Eine Bündelung der Kompetenzen bei den Verbänden wäre wünschenswert, ebenso die enge Vernetzung mit hochwertigen und gut ausgebildeten Urlaubsberatern. Reisebüroverbände sind bereit, stärker mit regionalen Strukturen zu kooperieren. Mittelstand fördert Mittelstand.

Angelika Schäffer

Geschäftsführung
Tourismusverband Franken e. V.

Wie würden Sie die jetzige Situation Ihres Verbandes/Betriebes/Vereins mit maximal fünf Adjektiven beschreiben?

kreativ, aktiv, beratend, flexibel, zukunftsorientiert

Erwarten Sie auf der Nachfrageseite dauerhafte Veränderungen? Wenn ja, welche?

Ob die Veränderungen dauerhaft sind, hängt sicherlich auch von der Dauer und Tiefe der weiteren Einschränkungen ab. Vermutlich werden auch weiterhin Reisen in die nähere Umgebung bzw. innerhalb Deutschlands gefragt sein. Es wird verstärkt auf Hygienekonzepte und Sicherheitsmaßnahmen geachtet werden. Auch die Stornobedingungen spielen eine entscheidende Rolle. Das Buchungsverhalten wird weiterhin kurzfristig sein. Wer nicht auf die Schulferien angewiesen ist, wird voraussichtlich seine Reisen außerhalb der Stoßzeiten durchführen bzw. weniger stark frequentierte Ziele ansteuern. Drohende Arbeitslosigkeit bzw. andauernde Kurzarbeit können dazu führen, dass der Fokus auf günstigere Reiseangebote gelegt wird oder die Reisehäufigkeit reduziert wird.

Wird es auf der Angebotsseite Ihrerseits dauerhafte Veränderungen geben? Wenn ja, welche?

Es wird von großer Bedeutung sein, dass die Angebotsseite die Hygiene- und Sicherheitskonzepte ihrer Angebote in den Vordergrund stellt. Ebenso werden voraussichtlich nachhaltige Angebote stärker gefragt sein. Die Stornierungsbedingungen sollten dem Reiseverhalten angepasst werden. Wichtig wird auch sein, dass verstärkt online buchbare Angebote (Unterkünfte, Freizeitangebote etc.) entwickelt werden, die der Gast unkompliziert und kurzfristig buchen kann. Vor besonderen Herausforderungen steht das Segment „Tagungen/Kongresse“, da hier eine Verschiebung hin zu digitalen bzw. hybriden Veranstaltungen stattfinden wird.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten zukünftigen Handlungsfelder für den gesamten Tourismus in Bayern? Wie müssen diese Maßnahmen politisch flankiert werden?

Aktuell gilt es vor allem, die Betriebe weiterhin finanziell zu unterstützen mit entsprechenden Förder- bzw. Hilfsprogrammen. Weiterhin wird das Thema „Besucherlenkung“ eine größere Rolle spielen. Hier ist die Entwicklung digitaler Formate erforderlich, die dem Gast in Echtzeit entsprechende Informationen über sein Reiseziel liefern. Grundsätzlich sollten nachhaltige und regionalspezifische Angebote verstärkt unterstützt werden. Die derzeitige Situation zeigt deutlich, dass der Tourismus in Bayern eine Querschnittsbranche ist, in der viele unterschiedliche Unternehmen, Dienstleister und Organisationen tätig sind bzw. vom Tourismus abhängen. Mit über 30 Mrd. Euro Jahresumsatz stellt er zudem einen beachtlichen Wirtschaftsfaktor dar, und es sollten daher auch die entsprechenden Rahmenbedingungen zur gesunden Weiterentwicklung geschaffen werden.

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