NACHGEFRAGT

Schlagworte: Zielgruppen und Märkte, Corona-Pandemie

Stimmungsbild aus der Branche: Krisenresilienz

19. April 2021

Wie wird die Krisenresilienz im bayerischen Tourismus bewertet? Das Bayerische Zentrum für Tourismus hat mehrere Branchenakteure dazu befragt. Der Blick richtet sich dabei auf die Bedeutung der Krisenresilienz im Allgemeinen, wie Prozesse und Strukturen angepasst werden müssen, um resilienter zu sein, welche Lehren aus der gegenwärtigen Krise gezogen werden können und welche Voraussetzungen es für die Zukunft bedarf.

Björn Rudek

Torismusdirektor
Congress-Tourismus-Würzburg (CTW)

Was bedeutet für Sie Krisenresilienz? Welche der in Ihrer Organisation/Destination bereits vorher etablierten Strukturen, Prozesse oder Systeme haben sich in der gegenwärtigen Krise als besonders nützlich erwiesen?

Anhand der aktuellen Coronakrise zeigt sich, wie wir mit unserer Organisation aus dem plötzlichen Eintreten des Schockereignisses mit den dann ausgelösten „Rückabwicklungen“, Stornierungen,  Schließungen und einer Phase des bloßen Reagierens, anschließend in eine Phase eines kurzen Innehaltens, Beobachtens und Austausches gegangen sind. Nach Einordnung und Abschätzung der Lage haben wir die eingetretene Krise relativ schnell für uns auch als eine Chance zur Neu- beziehungsweise Umorientierung und eines Anpassens ohnehin notwendiger Prozesse begriffen. Nach einem Jahr der Pandemie stehen wir in vielen Bereichen mit veränderten Prozessen, Produkten und einer „digitaleren“ Arbeitsorganisation dar (so gut es Verwaltungsstrukturen gestatten) und beschäftigen uns in der Weiterentwicklung unserer Aufgaben insbesondere auch mit Fragen zu Megatrends, Wertewandel und veränderten Arbeitswelten mit Blick auf das MICE-Segment.

Inwiefern haben Sie Strukturen, Prozesse und Systeme angepasst, um mit den gegenwärtigen Herausforderungen umzugehen?

Wir haben insbesondere auf IT und digitale Systeme gesetzt, um die bisherigen Kernaufgaben weiterhin umsetzen zu können. Einerseits Nachfrage, Buchungen und Gästeaufkommen bestmöglich zu steuern und tagesaktuell zu informieren. Zugleich wurden Netzwerke intensiviert, neue Kooperationen geschlossen und Vertriebspartnerschaften eingegangen. Zusätzlich wurde eine Vereinheitlichung von Regelungen, Bedingungen, Transparenz, Flexibilität und Sicherheit vorangetrieben – insofern in unserem Einfluss- und Gestaltungsbereich.

Was sind ihre Lehren/Learnings aus der gegenwärtigen Krise? Was kann die Tourismusbranche von anderen Branchen lernen in Bezug auf Krisenresilienz?

Vorausgesetzt die Ressourcen gestatten es und es ergibt sich der finanzielle „Spielraum“, ist die gegenwärtige Situation ganz klar als eine Zeit der Weichenstellung für die kommenden Jahre zu bewerten. Die Bedeutung der Möglichkeit eines antizyklischen Handelns im öffentlichen Bereich zeigt sich deutlich. Insbesondere das Vorhalten, Ausbauen und Modernisieren der Infrastruktur besitzt für die Zukunftsfähigkeit eine hohe Bedeutung, eine Intensivierung von Marketing und Akquisition in einem sich verschärfenden Wettbewerbsumfeld ist nicht zu vernachlässigen. Wertschöpfungsprozesse geraten noch stärker hinsichtlich der Beschäftigungs- und Einkommenssicherung und Umwegrendite für die Kommune in den Vordergrund. Bezüglich des Destinationsmanagements müssen insbesondere der Dialog, die Netzwerke, Mut und Flexibilität vorangetrieben werden. Nicht der  Blick zu dem was war, sondern zu dem was kommt. Die Rolle als Moderator, Impulsgeber und glaubwürdiger Partner hat für Tourismusorganisationen in vielerlei Hinsicht wieder deutlich an Bedeutung gewonnen.

Welche Voraussetzungen und welche Denkansätze braucht es, damit ihre Region, Destination oder Organisation krisenresilienter werden kann?

In der Vergangenheit sind die Ansätze zur Krisenresilienz vor allem vor dem Hintergrund von Einzelereignissen (etwa Terror, SARS, etc.) betrachtet worden. Die Tragweite und Schockwirkung der globalen Corona-Pandemie mit einem temporären Aussetzen der Marktgesetze und den flächenhaften Untersagungen ist für den Tourismus in dieser Dimension nicht vorhersehbar gewesen. Die Krisenresilienz als Destination baut insbesondere auf der Qualität einer intensiven Vernetzung und Zusammenarbeit innerhalb der Branche auf. Zugleich zeigt sich, dass Initiativen, Problemlösungs-ansätze oder neue Prozesse derzeit noch oft an den Vorgaben und Verordnungen scheitern, welche die gravierende Perspektivlosigkeit im Tourismus verursachen. Übergeordnete Entscheidungsebenen müssen bezüglich der hohen Verflechtung und zeitlichen Vorläufe der Branche im Bilde sein, um planbare Ansätze entwickeln zu können. In Anlehnung an Karl Valentin lässt sich die Situation in kleiner Abwandlung des Originalzitats treffend beschreiben: „Mögen hätten wir schon wollen, aber dürfen haben wir nicht!“

Carsten Gersdorf

Gründer und Geschäftsführer
Best FeWo GmbH

Was bedeutet für Sie Krisenresilienz? Welche der in Ihrer Organisation/Destination bereits vorher etablierten Strukturen, Prozesse oder Systeme haben sich in der gegenwärtigen Krise als besonders nützlich erwiesen?

Zuallererst bedeutet Resilienz die Anerkennung von Vulnerabilität. Insbesondere der Tourismus hat sich als in höchstem Maße verletzbar erwiesen, hat doch die Regierung dem Tourismus global als auch dem Ferienhaustourismus in Deutschland über mehr als ein Jahr weitestgehend eine Absage erteilt. Während viele touristische Anbieter in der Krisenzeit in der Kundenkommunikation „in Deckung gegangen sind“, hat BestFewo genau das Gegenteil gemacht. Etablierte Strukturen und Prozesse in der Kundenkommunikation – ob Urlauber oder Gastgeber – haben als Fundament für die Intensivierung eben dieser gedient.

Inwiefern haben Sie Strukturen, Prozesse und Systeme angepasst, um mit den gegenwärtigen Herausforderungen umzugehen?

Mit der Anerkennung von Verletzbarkeit geht auch das Erkennen der eigenen Stärken im veränderten Kundenbedürfnis einher. So ist BestFewo einerseits im Bereich Kundengewinnung auf Basis der Modifikation bewährter Strukturen und Prozesse der Eintritt in das Segment des stationären Reisevertriebs gelungen und hat so über 1.000 Reisebüros als Vertriebspartner gewonnen. Ebenso geht mit der Anerkennung von Verletzbarkeit das kritische Hinterfragen von Selbstverständlichkeiten einher. Neue Kundenbedürfnisse haben Produktoptimierungen ins Rollen gebracht, die mit der „Brille der Selbstverständlichkeiten auf der Nase“ keine Chance auf Umsetzung gehabt hätten.

Was sind ihre Lehren/Learnings aus der gegenwärtigen Krise? Was kann die Tourismusbranche von anderen Branchen lernen in Bezug auf Krisenresilienz?

Corona hat die Arbeitswelt auf den Kopf gestellt. Wie wir arbeiten, das befindet sich in einem irreversiblen Umbruch. Denn die Coronakrise ist die erste Krise, in der in vielen Bereichen virtuell das gelebt werden kann, was reell gerade nicht möglich ist. Wir sind im Team auf einen kollegialen Austausch und eine funktionierende Kommunikation angewiesen. Doch wir haben gelernt, dass dazu eine grundsätzliche Anwesenheit im Büro nicht notwendig ist. Empowerment der Mitarbeiter war schon immer ein zentrales Thema bei BestFewo und erfährt in den überwiegend virtuellen Zeiten eine zusätzliche Dimension. Sind OKRs definiert, Alignment im Team hergestellt, strukturierte und transparente Kommunikationsprozesse sowie regelmäßige Abteilungs- und Company-Meetings aufgesetzt, funktioniert das „daily business“ auch rein virtuell mit Chat-, Projektmanagement- und Videokonferenztools hervorragend. Und zwar in der Innen- als auch in der Außenkommunikation.

Welche Voraussetzungen und welche Denkansätze braucht es, damit ihre Region, Destination oder Organisation krisenresilienter werden kann?

Resilienz verhilft dazu, sich Herausforderungen immer wieder aufs Neue zu stellen und trotz Krise zu Hochformen aufzulaufen. Sich immer der Einzigartigkeit der eigenen Dienstleistung bewusst zu sein. In eine offene und ehrliche Kommunikation mit allen Kundensegmenten zu gehen. Denn eine Krise ist auch immer eines: eine neue Situation. Und da gilt es genau zu analysieren, welche Chancen die neue Situation in sich birgt. Den Blick zwar einerseits realistisch auf die aktuelle Situation zu richten, zugleich jedoch nicht in dieser zu verharren, sondern mit einer positiven Haltung in die Zukunft zu blicken.

Franz Rasp

Bürgermeister
Gemeinde Berchtesgaden

Was bedeutet für Sie Krisenresilienz? Welche der in Ihrer Organisation/Destination bereits vorher etablierten Strukturen, Prozesse oder Systeme haben sich in der gegenwärtigen Krise als besonders nützlich erwiesen?

Die Organisation ist derzeit in einem schon vor Corona begonnenen Restrukturierungsprozess. Corona eignet sich aufgrund der freien Kapazitäten ideal, um die Zeit dafür zu nutzen. Vorher wurde die Positionierung neu festgelegt; diese erweist sich auch unter Corona-Aspekten als bestens geeignet.

Inwiefern haben Sie Strukturen, Prozesse und Systeme angepasst, um mit den gegenwärtigen Herausforderungen umzugehen?

Derzeit befinden wir uns in Restrukturierung, haben dabei aber keine speziellen Anpassungen vorgenommen – mit Ausnahme von Kurzarbeit und dem Verleihen von Mitarbeiterkapazitäten im Tourismus an Kommunen.

Was sind ihre Lehren/Learnings aus der gegenwärtigen Krise? Was kann die Tourismusbranche von anderen Branchen lernen in Bezug auf Krisenresilienz?

Eine klare Positionierung ist die Grundlage von allem. Die Digitalisierung hat durch die disruptive Entwicklung „Corona“ einen Sprung gemacht, der in dieser Konsequenz von den Akteuren nicht akzeptiert worden wäre. Für die Politik in Bayern (und Deutschland) spielen der Tourismus und die Gastronomie nur eine untergeordnete Rolle.

Welche Voraussetzungen und welche Denkansätze braucht es, damit ihre Region, Destination oder Organisation krisenresilienter werden kann?

Die vorletztes Jahr etablierten Grundlagen in Marke und Positionierung passen. Unsere Voraussetzungen sind aufgrund der breiten Aufstellung sehr gut, wenn uns die Politik lässt. Der Stellenwert des Tourismus muss im Vergleich zur Industrie gesteigert werden.

Ralf Zednik

Head of Market Research
München Tourismus

Was bedeutet für Sie Krisenresilienz? Welche der in Ihrer Organisation/Destination bereits vorher etablierten Strukturen, Prozesse oder Systeme haben sich in der gegenwärtigen Krise als besonders nützlich erwiesen?

Krisenresilienz bedeutet für mich, dass Einrichtungen (Firmen, Verbände, Verwaltung etc.) bei unvorhersehbaren Ereignissen schnell und effizient ihre bisherige strategische und operative Ausrichtung an die neue Situation anpassen können, um zum einen negative wirtschaftliche Effekte abzufedern und/oder neue Optionen und Chancen zu ergreifen und zu nutzen. Wichtig waren und sind in diesem Zusammenhang die Erkenntnisse aus der strategischen Marktforschung, der intensive Austausch in unserer Leiterrunde sowie die Mitnahme der Mitarbeiter*innen bei der Entwicklung von Konzepten/Ideen.

Inwiefern haben Sie Strukturen, Prozesse und Systeme angepasst, um mit den gegenwärtigen Herausforderungen umzugehen?

1. Anpassung der Strategie: Kurzfristige Erarbeitung einer „Recovery“-Strategie während des ersten Lockdowns, um nach dem Lockup möglichst effektiv die dann vorhandenen Potentiale für touristische Wertschöpfung nutzen zu können. Überarbeitung der eigentlichen „Tourismusstrategie“ hin zu einer „Restart“-Strategie mit Fokus auf Ausgleich der Verluste durch Corona bis 2025, wirtschaftspolitische Positionierung und Einbindung des Tourismusmanagements in das Lebensraummanagement der Stadt bis 2030 sowie perspektivische Weichenstellung für 2040.
2. Anpassung der Organisation: Kritische Bewertung der bisherigen Organisationsstruktur, Priorisierung aktueller und künftiger Aufgaben und entsprechende organisatorische Anpassungen (Personal und Budget)
3. Pilotprojekte: Ausprobieren neuer Ansätze/Ideen und daraus lernen

Was sind ihre Lehren/Learnings aus der gegenwärtigen Krise? Was kann die Tourismusbranche von anderen Branchen lernen in Bezug auf Krisenresilienz?

Nahezu alle Bereiche der Tourismuswirtschaft, die bislang sehr eindimensional gewirtschaftet (starker Fokus auf wenige/einzelne Zielgruppen/Märkte) und die sich ausschließlich auf Tourist*innen und deren Nachfrage ausgerichtet haben, stehen aktuell vor größeren Problemen als solche, die neben den Tourist*innen auch immer die Bewohner*innen mit im Fokus haben. Als Beispiel sind hier die Innenstadtwirte zu nennen, von denen sich viele von den Münchner*innen entkoppelt hatten und nahezu ausschließlich von Tages- und Übernachtungsgästen lebten und dementsprechend auch beim Ausbleiben der externen Gäste keine/kaum Nachfrage bei den Münchner*innen hatten: Zudem haben sich Mut für Neues, Mut zur Digitalisierung, Mut einfach ‚mal etwas Auszuprobieren, aktiv zu sein, statt abzuwarten bislang als förderlich erwiesen.

Welche Voraussetzungen und welche Denkansätze braucht es, damit ihre Region, Destination oder Organisation krisenresilienter werden kann?

Ich denke, dass die Gedankenwelt nicht ausschließlich vom Jetzt und den aktuellen Umständen beherrscht werden sollte, sondern immer auch perspektivisch ausgerichtet werden muss. „Über den Tellerrand schauen“ ist hier das Stichwort sowohl zeitlich als auch inhaltlich und gesellschaftlich. Zudem sollte vermehrt daran gearbeitet werden, dass die Tourismusbranche nicht nur Dienstleistungen für Gäste anbietet, sondern auch für die einheimische Bevölkerung. Flexibilität ist wichtig und entscheidend. Mehr Start-Up wagen und fördern. Zudem ist es sinnvoll, (neue) KPIs festzulegen, die den Erfolg im Tourismus nicht allein auf dem Wachstum der Übernachtungs- beziehungsweise Umsatzzahlen festmacht.

Cora und Robert Frank

Inhaber
Hotel Franks, Oberstdorf

Was bedeutet für Sie Krisenresilienz? Welche der in Ihrer Organisation/Destination bereits vorher etablierten Strukturen, Prozesse oder Systeme haben sich in der gegenwärtigen Krise als besonders nützlich erwiesen?

Ich vermute, dass Sie die üblichen Faktoren wie Eigenkapitel, liquide Mittel, sonstige Mittel, Geschäftsverlauf der vergangenen Jahre, private oder andere Reserven etc. nicht meinen. Diese sind aber doch auch von entscheidender Bedeutung. Eine große Entlastung ist in dieser Situation auch, dass sie sich nicht erklären müssen. Uns hat die seit Jahren gute interne Kommunikation, Offenlegung der Geschäftszahlen und daraus entstandenes Vertrauen, regelmäßige Informationen und mögliche Perspektiven, Zusammenhalt in der Familie, Eigeninitiative, Optimismus und Zukunftsglaube geholfen und hilft.

Inwiefern haben Sie Strukturen, Prozesse und Systeme angepasst, um mit den gegenwärtigen Herausforderungen umzugehen?

Dinge, die getan werden müssen, werden getan. Wir nutzen aber auch die Zeit, um Vorhaben, die uns in Zukunft hoffentlich helfen (Digitalisierung, Instandhaltung, Schulungen etc.), umzusetzen.

Was sind ihre Lehren/Learnings aus der gegenwärtigen Krise? Was kann die Tourismusbranche von anderen Branchen lernen in Bezug auf Krisenresilienz?

Diese Situation war in dieser Dimension nicht vorhersehbar und planbar. Für sonstige Krisensituationen siehe meine Antwort auf die erste Frage. Ich glaube auch nicht, dass der Dienstleistungssektor im Wirtschaftskreislauf durch Lobbyarbeit oder ähnliches eine breitere Akzeptanz in der Politik findet. Organisationen wie der DEHOGA sollten aber eine feste Größe bleiben.

Welche Voraussetzungen und welche Denkansätze braucht es, damit ihre Region, Destination oder Organisation krisenresilienter werden kann?

– Profil
– Qualität
– Regionalität, Identität
– regionales Marketing mit breiterem Gästekreis, z. B. aus dem Ausland
– mehr Mut
– weniger Leute (Politik), die mitreden und damit mehr Professionalität

Mirko Silz

Vorstand
L’Osteria SE, München

Was bedeutet für Sie Krisenresilienz? Welche der in Ihrer Organisation/Destination bereits vorher etablierten Strukturen, Prozesse oder Systeme haben sich in der gegenwärtigen Krise als besonders nützlich erwiesen?

Krisenresilienz bedeutet für mich, jeden Tag aufs Neue möglichst flexibel auf die von der Politik vorgegebenen Richtlinien zu reagieren und diese mit den wirtschaftlichen Zielen von L’Osteria in Einklang zu bringen. Die Energie, die wir bereits in den Jahren zuvor in unsere digitalen Kommunikationsplattformen investiert haben, war besonders nützlich. So konnten wir stets eine Vielzahl unserer Gäste erreichen und über Änderungen und Neuerungen informieren. Zudem hat sich gezeigt, dass die Fokussierung und vor allem das Leben einer guten, wertebasierten Unternehmenskultur Früchte getragen hat. Ich habe innerhalb unserer „L’Osteria La Famiglia“ noch nie einen derartig starken Zusammenhalt wie in dieser für uns alle sehr herausfordernden Zeit gespürt.

Inwiefern haben Sie Strukturen, Prozesse und Systeme angepasst, um mit den gegenwärtigen Herausforderungen umzugehen?

Erste Tests im Bereich Delivery hatten wir bereits vor der Coronakrise durchgeführt, doch mit Beginn der Pandemie haben wir uns sehr auf den Ausbau in diesem Bereich konzentriert und den markenweiten Roll-out beschleunigt. Mit dem Aufbau eines eigenen Lieferservices inklusive Webshop, Bestell-App und einem eigenen Fuhrpark haben wir uns ein Stück weit unabhängig gemacht und einen neuen Geschäftszweig geschaffen. Aktuell beliefert L’Osteria seine Kunden an 81 Standorten in ganz Deutschland mit eigenen Fahrern und eigener Flotte – Tendenz steigend. Inzwischen umfasst der eigene Fuhrpark 70 E-Bikes, 30 E-Roller, 20 Autos und etwa 40 weitere gebrandete Fiat 500.

Was sind ihre Lehren/Learnings aus der gegenwärtigen Krise? Was kann die Tourismusbranche von anderen Branchen lernen in Bezug auf Krisenresilienz?

Eine gute Unternehmenskultur und striktes Liquiditätsmanagement sind die Basis, um auch Krisen wie Corona gemeinsam gut durchzustehen. Wichtig ist uns auch den Zusammenhalt in der Branche hervorzuheben: Im Herbst 2020 haben wir uns mit der Initiative „Gastgeberkreis“ mit aktuell über 200 Gastronomiebetreibern aller Größen zusammengeschlossen. Ziel ist es, mit gemeinsamer Stimme für den Erhalt unserer Branche kämpfen und unsere Forderungen immer und immer wieder an die Politik adressieren. In dieser Krise heißt es „einer für alle, alle für einen“, um ein Massensterben von Gastronomiebetrieben zu verhindern.

Welche Voraussetzungen und welche Denkansätze braucht es, damit ihre Region, Destination oder Organisation krisenresilienter werden kann?

In erster Linie brauchen wir stets eine gewisse Planungssicherheit seitens der Politik. Mit dem “Lockdown light” ist der aus unserer Sicht schlimmste Fall für die Gastro-Branche eingetreten. Es bedeutet für uns, immer wieder neu zu planen und auf den wiederholten Ernstfall zu reagieren. Wir brauchen deshalb von der Bundesregierung einen genauen Zeitplan und Zielvorgaben, damit wir diese Krise überstehen können. Und die Einhaltung der Versprechen in Bezug auf Ausgleichszahlungen. Es braucht klare Aussagen mit konkreten Maßnahmen!

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