ONLINE-FORUM

Klimawandel und Winter(sport)tourismus

live am 11. Oktober 2022 I 10.00 bis 11.30 Uhr

Unsere Gäste

Dr. Maximilian Witting

Lehr- und Forschungseinheit Mensch-Umwelt-Beziehungen
Ludwig-Maximilians-Universität München

Portraitbild Ralph Lambert

Ralph Lambert

Geschäftsführung
Bullhead House Outdoor GmbH

Georg Reisberger

Geschäftsführung
Ödberg GmbH

Die Konferenz im Überblick

Der Klimawandel verändert den Wintersporttourismus nachhaltig: Darüber waren sich alle Experten einig, die im Rahmen des vierten Jahresdialogs zum Thema „Klimawandel & Winter(sport)tourismus“ diskutierten. Die aktuellen Herausforderungen erfordern ein Umdenken der Branche – und individuelle Maßnahmen von den einzelnen Destinationen.

„Der Klimawandel hat starke Auswirkungen auf den Tourismus im Allgemeinen, der Wintersporttourismus ist davon in besonderer Weise betroffen“, erklärte zu Beginn Dr. Maximilian Witting, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Mensch-Umwelt-Beziehungen an der LMU in München. Im Zuge seines einleitenden Vortrags betonte er, dass der Wintersporttourismus für viele Regionen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sei, der vielerorts durch das sich verändernde Klima bedroht sei. „In Bayrischzell beispielsweise prognostizieren wir für die 2030er Jahre – je nach Szenario – einen klimawandelbedingten Umsatzeinbruch zwischen 6,1 und 20,5 Prozent. Um dem entgegenzuwirken, müssen die Destinationen individuelle Strategien entwickeln, um das eigene Geschäftsmodell zu diversifizieren und neue Zielgruppen zu erschließen. “Dass das keine einfache Aufgabe ist und dies Auswirkungen auf die zukünftige Gästestruktur hat, zeigen die folgenden Modellrechnungen: Um die Umsatzeinbrüche aus dem Wintergeschäft zu kompensieren, müssten in Bayrischzell bereits bis in die 2030er Jahre zwischen 54.000 und 216.000 Wanderer respektive zwischen 11.000 und 45.000 Wellnesstouristen für einen Aufenthalt gewonnen werden.“

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In dem von Prof. Dr. Jürgen Schmude, moderierten digitalen Dialog erörterte Witting des Weiteren, dass die Anzahl der Wintersportgebiete, insbesondere in den Mittelgebirgen sowie im vorderen Alpenvorland, mittelfristig zurückgehen werde. Zudem forderte er ein Umdenken beim sozialen Diskurs zum Thema Klimawandel und Wintersporttourismus in Bezug auf die Planung von Maßnahmen. Nicht zuletzt sei es erwiesen, „dass rund 70 bis 80 Prozent des CO2-Fußabdrucks eines Wintersporttouristen auf die An- und Abreise entfällt.“

Unabhängigkeit vom Wintersporttourismus wird immer wichtiger

Ralph Lambert führte aus, wie sich sein Betrieb hinsichtlich des Klimawandels in der jüngeren Vergangenheit neu definiert hat. „In den Mittelgebirgen trifft der Klimawandel uns als Erstes. Daher haben wir in den letzten Jahren einiges investiert, um den Fokus weg von überwiegend Wintersporttourismus hin zu einer ganzjährigen Outdoordestination zu schärfen und so unabhängiger von den Winterumsätzen zu werden.“ Generell seien dabei zwischen Sommer- und Wintertouristen deutliche Unterschiede festzustellen: „Sommertouristen sind ohne Frage nachhaltiger, geduldiger und gelassener.“

Georg Reisberger vermeldete eine ähnliche Entwicklung aus seiner Region: „Unser Ganzjahresprogramm wird immer besser. Mit einer Sommerrodelbahn, einem Hochseilgarten und einem Bikepark können wir unseren Besuchern auch außerhalb der Wintersaison großartige Outdoor-Erlebnisse bieten.“ Darüber hinaus sprach sich Reisberger für eine Fortführung der Seilbahnförderung in Deutschland aus, bekräftigte aber: „Hinsichtlich neuer Investitionen steht immer die unternehmerische Entscheidung, nicht die Förderpolitik im Mittelpunkt.“

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Auch im professionellen Wintersport ist der Klimawandel ein großes Thema, wie die erfolgreiche Biathletin Vanessa Hinz eindrucksvoll darlegte: „Wir sind immer öfter auf der Suche nach dem Winter und müssen kontinuierlich in höhere Lagen und kältere Regionen ausweichen.“ Den Wettkampfbetrieb sieht sie dennoch nicht in Gefahr, da das öffentliche Interesse an Wintersportwettbewerben nach wie vor sehr hoch sei und deswegen von Seiten der Veranstalter sehr viel investiert werde, um alle Veranstaltungen planmäßig durchführen zu können. „Im Nachwuchsbereich sind die Auswirkungen allerdings deutlich zu spüren, hier fallen immer häufiger Trainingsmöglichkeiten und Wettkämpfe weg.“ Für die Zukunft des Biathlons kann sich die Weltmeisterin von 2017 eine zumindest temporäre Abkehr vom Winter vorstellen: „Immer mehr Wettkämpfe werden auf Rollerski ausgetragen, zuletzt die Sommer WM vor ein paar Monaten. Wenn das Interesse der Öffentlichkeit entsprechend gegeben ist, ist eine solche Entwicklung also durchaus denkbar.“

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