Die Geschwindigkeit, mit der neue Technologien, insbesondere im Bereich Digitalisierung und Künstliche Intelligenz, traditionelle Wertketten verändern, ist rasant. Der Staat fokussiert sich auf übergeordnete Themenfelder und überlässt die Branchenentwicklung dem Markt. Gerade die postmateriellen Touristen fordern von den Akteuren der Branche, sich den neuen KI-Entwicklungen zu verschreiben und gesteuerte Tourismusangebote in den Markt zu bringen. Authentizität und bayerische Identität spielen nur noch eine untergeordnete Rolle. Destinationen werden austauschbar und die Profilierung beschränkt sich überwiegend auf die Möglichkeit der Vernetzung optimierter Angebote.
Die Herausforderungen der digitalen Wertschöpfung stellen die deutsche Wirtschaft vor neue Aufgaben. Der Staat hat bedeutende Zukunftsweichen zu stellen, was »Althergebrachtes« teilweise infrage stellt. Eine Lenkungsfunktion für den Tourismus nimmt die öffentliche Hand lediglich über die Gestaltung der Rahmenbedingungen wahr, die Tourismusförderung wird zurückgefahren, um Effizienzgewinnen des digitalen Wandels nicht im Wege zu stehen. Der Tourismus in Bayern ist marktfähig und bekannte Marktmechanismen greifen. Somit stellt die fehlende finanzielle Förderung kein Problem für die Branche dar. Bayern ist als Tourismusstandort konkurrenzfähig und passt sich dem Klimawandel an. Die Digitalisierung bringt allerdings nicht nur Gewinner hervor, wodurch der gesamtgesellschaftliche Wohlstand nicht spürbar wächst.
Die zumeist postmateriellen Touristen setzen ihren nachhaltigen Lebensstil sowohl bei der Anreise als auch am Urlaubsort fort. Für ihre hochdifferenzierten Reisemotive spielt das Reiseziel nur eine sekundäre Rolle. Künstliche Intelligenz filtert sämtliche verfügbaren personenbezogenen Verhaltensdaten der Gäste, interpretiert Präferenzen und erstellt so maßgeschneiderte Angebote, die den hohen Ansprüchen der Gäste gerecht werden. Der offene Zugang zu Daten bildet dabei die Grundlage und macht viele neue Geschäftsmodelle möglich. Dies führt zu maßgeschneiderten Angeboten, denn die Gäste haben hohe Ansprüche an ihre Reisen. Sie haben ein begrenztes Zeit- und Kostenbudget und sehr unterschiedliche Reisemotive. Künstliche Intelligenz ermöglicht eine Personalisierung ihrer Urlaubsreise und bindet dazu die unterschiedlichen Akteure effizient ein.
Die starke Digitalisierung der Tourismusbranche (etwa in Form von Künstlicher Intelligenz und Big Data) liefert einen hohen Mehrwert für die Kunden und Unternehmen. Offen zugängliche Daten ermöglichen es sowohl den großen Akteuren als auch kleinen Playern der Branche, sich zu vernetzen und ihre Angebote zu optimieren. Die wenigen hochgradig spezialisierten Angebotsbereiche werden durch hoch agile Akteure ohne ausgeprägte bayerische Identität ausgeformt. Kooperationen im herkömmlichen Verständnis verlieren an Bedeutung, denn an dieser Stelle übernimmt die Digitalisierung die Verzahnung der Angebote.
Touristische Leistungen werden zunehmend austauschbar. Dies liegt an den neuen Möglichkeiten der automatisierten Vernetzung optimierter Angebote durch Algorithmen, die weltweit funktionieren.
Es entsteht ein »Zwang« im Gastgewerbe als »Digital Host« seinen Gast bereits vor dessen Eintreffen zu kennen und alles zu seiner Zufriedenheit vorzubereiten, ohne dabei auf volle Flexibilität zu verzichten. Dies überfordert kleine Anbieter, die sich eine Unterstützung durch technische Dienstleister nicht leisten können oder wollen.
Es besteht die Gefahr, dass bei vollem Fokus auf Individualität die Authentizität verloren geht. Das für Gäste außeralltägliche, unverwechselbare bayerische Erlebnis bleibt bei zunehmender Ausdifferenzierung auf der Strecke.
Tourismusverbände erleben einen Kontrollverlust und schaffen es nicht, die gewollten Zielgruppen anzusprechen und in die Region zu holen. Zu groß ist der Einfluss und damit die Abhängigkeit von Algorithmen globaler Player, was unter Umständen Positionierungen von Destinationen konterkariert.
Damit einher geht eine mangelnde digitale Auffindbarkeit von Angeboten bei fehlendem Knowhow über die Mechanismen von KI-Algorithmen. Dies verstärkt die damit verbundene Gefahr, dass zahlreiche Branchenvertreter abgehängt werden und eine Konzentration auf wenige sichtbare Angebote stattfindet.
Eine ausgewogene Verteilung der Touristen in der Fläche führt zu einer gesteigerten Tourismusakzeptanz bei den Einheimischen. Funktionierende Künstliche Intelligenz und damit verbundene Besucherlenkungsmaßnahmen schaffen es, bei einem Teil der Gäste alternative Angebote oder Besuchszeiten zu incentivieren, was den »Druck« aus Hotspots nimmt.
Mittels Künstlicher Intelligenz gelingt die Antizipation von Kundenwünschen durch Reiseveranstalter und -mittler. Eine gelungene Umsetzung am Reiseziel ist allerdings Herausforderung und Chance zugleich.
Digitale Mobilitätsdienstleistungen können Bedarfe zuverlässig vorhersagen und Angebote flexibel daran anpassen. Diese Optimierung führt zu Komfort und Umweltverträglichkeit.
Eine effiziente Nutzung von Big Data eröffnet Wettbewerbsvorteile. Diese können im Nutzen besonderen Kundenwissens liegen, etwa welche Kunden welches Angebot besonders positiv bewertet haben, wie auch positive Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit bieten, in dem Lenkungsmaßnahmen greifen und individuell passendere nachhaltige Angebote geschaffen werden können.
Mittels Künstlicher Intelligenz kann »lästige« Arbeit abgenommen und damit eine höhere Effizienz in Prozessabläufen realisiert werden. So werden die häufigsten und immer wiederkehrenden Fragen von Gästen zuverlässig durch Chatbot-Technologie beantwortet.