Deutschland und besonders Bayern verstehen sich als Tourismusdestination mit herausragender Bedeutung. Die positive Wirtschaftslage erlaubt Politik und Verbänden viele Instrumente einzusetzen, die diese Entwicklung beflügeln. Während ausländische Touristen gezielt an international berühmte Hotspots geleitet werden, erfreuen sich insbesondere die inländischen Touristen an den naturnahen Urlaubsdestinationen in der Fläche. Die hohe Anziehungskraft bayerischer Destinationen ist auch auf die Pflege bayerischer Identität und den Zusammenhalt der Bevölkerung und der Tourismusbranche zurückzuführen, welche ein authentisches Urlaubserlebnis möglich macht.
Die Rahmenbedingungen in Deutschland sind gut: Bei stabilem Wachstum wird ausreichend in die Zukunftsfähigkeit investiert, sodass es weiterhin sichere Einkommen und eine hohe Konsumbereitschaft gibt. Während der Anteil innerdeutscher, traditioneller Touristen stagniert, ist Bayern besonders für zahlungskräftige ausländische Gäste attraktiv. Die Politik versteht die große wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus und unterstützt durch Förderung die Ausweitung der Werbemaßnahmen im Ausland. Um die Nachhaltigkeit und Zukunftsrobustheit der Destinationen zu sichern, implementiert die Politik ressortübergreifend horizontale und vertikale Steuerungsmaßnahmen.
Das Wachstum ist getrieben durch die steigende Anzahl ausländischer Touristen. Es gibt verschiedenste Motive, Bayern zu bereisen, und dementsprechend verteilen sich die Touristen auch im Land. Traditionell interessierte Touristen aus Deutschland und dem europäischen Ausland nutzen eher Angebote in der Fläche, wohingegen außereuropäische Gäste vom Sammeln der »Highlights« geleitet werden und vor allem Angebote in den Hotspots wahrnehmen. Nachhaltigkeit spielt insbesondere für die Inländer in der Entscheidung für ein Reiseziel eine wichtige Rolle.
Der gestiegene Anteil an zahlungskräftigen ausländischen Gästen erhöht die Wertschöpfung vieler Branchenvertreter. Allerdings sind die Tourismusunternehmen gezwungen, in die Qualität der Arbeitnehmer zu investieren und eine hohe Verfügbarkeit an Arbeitnehmern zu sichern. Das Wachstum an beinahe allen Standorten führt dazu, dass die erfolgsverwöhnte Branche sich mehr mit Selbstoptimierung als mit den Kundenanforderungen auseinandersetzt. Sie pflegt die traditionellen bayerischen Werte und läuft damit Gefahr, nicht oder nur sehr verzögert auf disruptive Veränderungen reagieren zu können. Kooperationen innerhalb der Branche und darüber
hinaus dienen der Sicherung der eigenen guten Wettbewerbsposition. Zudem werden die Chancen der Digitalisierung zwar zur betrieblichen Effizienzsteigerung genutzt, der mögliche Mehrwert für den Kunden aber übersehen.
Die gute Wirtschaftslage und das Wachstum in weiten Teilen der Tourismusbranche führt zu Selbstzufriedenheit und Trägheit, sodass Innovationanstrengungen vielfach unterbleiben und Unternehmen und Standorte teilweise nur sehr verzögert auf disruptive Veränderungen reagieren.
Die Digitalisierung im Tourismus wird primär zur Effizienzsteigerung in Produktion und Vertrieb genutzt, ohne die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen, durchgehend Mehrwerte für den Kunden entlang der Customer Journey zu schaffen.
Standardisierte Tourismusangebote geraten zunehmend unter Druck, es kommt verstärkt zu einer Anspruchsinflation der Kunden. Angebote, die ein zufriedenstellendes Urlaubserlebnis garantieren wollen, müssen nicht nur authentisch, individualisierbar und bequem zugänglich sein, sondern auch wachsenden Nachhaltigkeitsansprüchen genügen.
Der chronische Fachkräftemangel und die mangelhafte Attraktivität der Tourismusbranche als Arbeitgeber hemmen das Wachstum und bedrohen die Zukunftsaussichten der Branche. Gut ausgebildete Mitarbeiter sind nicht nur rar, sondern auch teuer.
Die bewusst gelebte und herausgestellte bayerische Identität und Authentizität als Kernstück des bayerischen Tourismus ist aufgrund der Probleme der Mitarbeiterrekrutierung in den heimischen Märkten latent bedroht.
Betriebe, denen es gelingt, die gute Wirtschaftslage und das Wachstum zu nutzen, um mit ihren Kompetenzen und Ressourcen vermehrt in die Qualität
und Nachhaltigkeit ihrer Leistungen zu investieren, werden ihre gute Wettbewerbsposition langfristig festigen.
Angesichts der positiven Wirtschaftslage und der Wachstumsperspektive wird ausreichend in die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Arbeitskräfte im Tourismus investiert, und die Attraktivität der Tourismusbranche als Arbeitgeber verbessert sich nachhaltig.
Ein professionelles Daten- und Wissensmanagement, verbunden mit intelligenten Formen der Besucherlenkung, erhöht nicht nur die Produktivität der Tourismusindustrie, sondern auch die Zufriedenheit der Gäste und letztendlich auch der Einheimischen.
Dynamische und personalisierte Informationen ermöglichen nicht nur neue und andersartige touristische Leistungsangebote entlang der Customer Journey, sondern schaffen, gepaart mit innovativen Mobilitätskonzepten, auch eine attraktive Infrastruktur für Einheimische und Gäste.
Während an touristischen Hotspots eine Spezialisierung auf professionelle Massenabfertigung zielführend sein kann, besteht die Chance der touristischen Betriebe in der Fläche, mit individuellen und regionalen Angeboten, den Urlaubs- und Lebensraum zu einem sozialen Treffpunkt für Touristen und Einheimische zu machen und damit zu einem authentischen Erlebnis bayerischer Identität beizutragen.