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Schlagworte: Qualität, Tourismus, Qualitätsmanagement

Qualität im Tourismus – von der Theorie zur Praxis

Von Kathrin John und Kristina Kastelan, 27. Mai 2025

© iStock.com/Galeanu Mihai

Qualität und ein strategisches Qualitätsmanagement gelten als wichtige Erfolgsfaktoren im Wettbewerb im Tourismus (Gardini, 1997; Muskat, 2007). Eine qualitätsorientierte Unternehmensstrategie birgt viele Chancen und Vorteile, wie beispielsweise die Sicherung des Unternehmenserfolgs durch eine höhere Resilienz, eine bessere Marktposition, eine gesteigerte Produktivität und Profitabilität sowie eine zielgerichtetere Bedienung von Kundenbedürfnissen (Bruhn, 2020; Oess, 1993).

Die Schaffung und Sicherstellung von Qualität als Unternehmensstrategie erfordert jedoch zunächst eine dezidierte Kenntnis der Entwicklung des Qualitätsbegriffs und ein umfassendes Verständnis über die verschiedenen Auffassungen und Facetten von Qualität (Herrera et al., 2018). Obwohl die Qualität von Produkten und Dienstleistungen eine wichtige Voraussetzung des Unternehmenserfolgs zu sein scheint und der Qualitätsbegriff allgegenwärtig ist, rufen nur wenige Begriffe so unterschiedliche Interpretationen und Assoziationen hervor. Das zeigt sich in der Vielfalt der Versuche und Ansätze in Wissenschaft und Praxis, diesen Begriff ganzheitlich zu erfassen und abschließend zu definieren. Die Komplexität des Phänomens wird durch die Dienstleistungsbesonderheiten des Tourismus und die Dynamik und Emotionalität touristischer Leistungen besonders verstärkt.

Der Beitrag gibt einen Überblick, was unter der Terminologie „Qualität“ verstanden wird, wie der Qualitätsbegriff in den touristischen Bereich eingeordnet werden kann und welche Qualitätsmanagementansätze es im Tourismus gibt.

Was „Qualität“ (nicht) bedeutet

Qualität ist ein oft genutzter und facettenreicher Begriff. In seinen Ursprüngen fußt der Qualitätsbegriff auf dem lateinischen Wortstamm Qualis (Beschaffenheit) oder Qualitas (Verhältnis zu den Dingen), wobei sich die Beschaffenheit auf das tatsächlich Messbare und das Verhältnis zu den Dingen auf die subjektive Bewertung des betreffenden Objektes beziehen (Muskat, 2007) – sprich, Qualität setzt sich aus objektiven und subjektiven Bewertungsfaktoren zusammen. Während die objektive Bewertungskomponente der Qualität materielle/manifeste Eigenschaften eines Produktes bzw. einer Dienstleistung beschreibt (z. B. Größe des Hotelzimmers), bezieht sich die subjektive Komponente auf den Blick und die Wahrnehmung der Kunden in Bezug auf Produkt-/Dienstleistungseigenschaften, die auf deren persönliche Erfahrungen und Erwartungen beruhen (z. B. Hochwertigkeit, Atmosphäre) (Gardini, 2022). Wie Pompl (1997) ausführt, ist Qualität durch Multidimensionalität, Abhängigkeit von externen Faktoren und Dynamik gekennzeichnet und so steht Qualität immer in einem relativen Kontext. Als Vergleichs- bzw. Bezugsgrößen lassen sich kunden-, unternehmens- und umfeldseitige Qualitätsanforderungen identifizieren, zu denen die Beschaffenheit einer Leistung in Beziehung gesetzt werden kann (Bruhn, 2020). Garvin (1988) fasst die unterschiedlichen Betrachtungsperspektiven von Qualität in fünf Definitionsansätzen zusammen:

  • Kundenorientierter Qualitätsbegriff („user-based“): Qualität wird aus der Sicht des Kunden beurteilt, der sie mit der eigenen Bedürfniserfüllung bewertet (z. B. Kundenzufriedenheit als Qualitätsmaßstab).
  • Produktorientierter Qualitätsbegriff („product based“): Qualität wird als Summe ihrer messbaren Eigenschaften betrachtet, die objektiv ermittelbar sind (z. B. Qualitätssegmente der Hotelklassifizierung).
  • Herstellerorientierter Qualitätsbegriff („manufacturer-based“): Qualität basiert auf internen Unternehmensstandards, wobei der Hersteller die Qualität selbst bestimmt, ohne festzulegen, ob objektive oder subjektive Kriterien zugrunde liegen (z. B. Dauer des Check-In/Out, Dauer der Zimmerreinigung).
  • Wertorientierter Qualitätsbegriff („value-based“): Qualität wird aus der Perspektive des Kunden in Bezug auf das wahrgenommene Preis-Leistungs-Verhältnis bewertet (z. B. ein Low-Budget-Hotelprodukt kann ebenso wie ein Luxushotel aus Kundensicht eine zufriedenstellende Qualität aufweisen).
  • Absoluter/Transzendenter Qualitätsbegriff („transcendent“): Qualität wird anhand eines abstrakten Maßstabs, durch nicht unmittelbar messbare Eigenschaften bewertet. Qualität wird als einzigartig, vollkommen und absolut angesehen, wobei ihr Optimum den höchsten Anforderungen gerecht wird (z. B. das beste Hotel in Deutschland).

Qualität ist demnach nicht lediglich gegeben oder nicht gegeben, sondern beschreibt ein Spektrum qualitativer Ausprägungen, deren schlussendliche Wahrnehmung/Bewertung von der Existenz alternativer Produkte, der subjektiven Bewertung der Qualität sowie der Situation der Qualitätsinanspruchnahme abhängig ist. Qualität unterliegt zudem einer Dynamik, welche sich einerseits aus der sich im Laufe der Zeit verändernden Qualität vergleichbarer Produkte und andererseits aus den sich verändernden Qualitätsansprüchen der angesprochenen Zielgruppen ergibt (Pompl, 1997). Qualität stellt somit keinen statischen Zustand dar, sondern wird fortlaufend von externen Einflussfaktoren beeinflusst – etwa durch den Wandel von Kundenbedürfnissen und -ansprüchen – was die Notwendigkeit eines kontinuierlichen Qualitätsmanagements betont.

Laut Muskat (2007) „erfolgt die Bestimmung der Qualität über Qualitätskriterien, der Begriff Qualität ist in sich selbst wertneutral“ (Muskat, 2007, S. 47). Das bedeutet, dass Qualität positive und negative Ausprägungen annehmen kann. Folglich ist „Qualität“ nicht automatisch „positiv“ bzw. „gut“. Im Allgemeinen beschreibt Qualität gemäß der DIN EN ISO 8402 „die Gesamtheit von Merkmalen (auch Merkmalswerten) einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen“ (Vogg & Fleßa, 2011, S. 23). Eine Neufassung der Norm beschreibt Qualität als „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt“ (DIN EN ISO 9000:2014; DIN EN ISO 9000:2015 nach Bruhn, 2020, S. 33). In vereinfachten Worten bezeichnet Qualität demnach, wie gut die Charakteristika eines Produkts oder einer Dienstleistung mit den an sie gestellten Qualitätsanforderungen übereinstimmen (Bruhn, 2020). Grönroos (1990) unterscheidet in diesem Kontext zwischen:

  • Overquality (= zu gute Qualität, um aus ökonomischen Gesichtspunkten gerechtfertigt zu sein)
  • Positively confirmed quality (= gute Qualität)
  • Confirmed quality (= akzeptable Qualität)
  • Negatively confirmed quality (= schlechte Qualität)

Auch Müller (2006) unterstreicht, dass „das Urteil des Kunden oder des Gastes den zentralen Maßstab“ (Müller, 2006, S. 14) der Qualitätsbewertung darstellt, was erneut den Kunden und den subjektiven Charakter des Qualitätsbegriffs in das Zentrum des Definitionsansatzes stellt. Grönroos (2015) bringt ferner zum Ausdruck, dass Qualität im Endeffekt das ist, was der Kunde wahrnimmt – ein Verständnis, das seiner Ansicht nach von immenser Bedeutung ist, wenn ein Unternehmen Entscheidungen in Bezug auf die weitere Qualitätsentwicklung eines Produktes oder einer Dienstleistung vornehmen will.

Einordnung des Qualitätsbegriffs in den touristischen Bereich

Qualität stellt einen zentralen Wettbewerbsfaktor für Tourismusorganisationen dar und fungiert sowohl als Bewertungsmaßstab als auch als strategischer Ansatz. Qualität gründet auf einer Konzeption effektiven Managements, das die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Implikationen touristischer Aktivitäten integriert, und anhand der Kundenzufriedenheit als höchstem Maßstab beurteilt wird (United Nations World Tourism Organization [UNWTO], 2017). Dennoch ist Qualität im Betrachtungsspektrum des Tourismus durch weitere Komplexität geprägt: Das touristische Produkt geht über das übliche Konzept eines Konsumproduktes hinaus, da es nicht lediglich einen funktionalen, sondern auch einen erfahrungsbezogenen, emotionalen und symbolischen Nutzen transportieren soll (UNWTO, 2017) – „Touristen wollen einen Gefühlswert […] mit ihrer eigenen Person verbinden […] in Atmosphäre baden und ein wenig das Zeitgefühl verlieren“ (Opaschowski, 2000, S. 18). Ferner besteht bei materiellen Produkten die Möglichkeit, Qualitätsdefizite durch einen Umtausch oder eine Erstattung zu relativieren – bei Reiseerlebnissen ist dies keine Option, womit einhergeht, dass die Nicht-Zufriedenstellung eines Gastes nur schwer zu revidieren ist (UNWTO, 2017). Auch wenn dieser Umstand oftmals das Streben nach einer „Null-Fehler-Politik“ im Tourismus forciert, sollte beachtet werden, dass die emotionale und persönliche Komponente im Kern eines jeden touristischen Produktes erhalten bleibt (Opaschowski, 2000; UNWTO, 2017).

Die zentrale Herausforderung liegt darin, dass der Tourismus  Klasse versprechen und […] Masse bewältigen“  (Opaschowski, 2000, S. 26) muss. Wie Opaschowski (2000) bereits um die Jahrtausendwende betont hat: „Der Gast setzt die Maßstäbe“ (Opaschowski, 2000, S. 24). Zu Beginn eines holistischen Qualitätsmanagements im Tourismus steht demnach die Frage im Fokus, welcher potenzielle Kunde mit welchen Erwartungen und Bedürfnissen bedient werden soll (Dreyer & Rüdiger, 2025; UNWTO, 2017). Das Ziel ist demnach immer, diese zu erfüllen oder bestenfalls zu übertreffen (UNWTO, 2017).

Zur Veranschaulichung des Qualitätskonzeptes im Tourismus unterscheidet Opaschowski (2000) – basierend auf den Erwartungen und Präferenzen von Reisenden – auf Destinationsebene zwischen natürlicher, materieller und immaterieller Qualität:

Dimensionen der Qualität im Tourismus auf Destinationsebene

Ein Flussdiagramm mit dem Titel „Qualität im Tourismus“ zeigt drei Zweige: Natürliche Qualität (z. B. schöne Landschaft, gesundes Klima), Materielle Qualität (z. B. gutes Essen, Sauberkeit) und Immaterielle Qualität (z. B. Atmosphäre, Sicherheit).

Abbildung: eigene Darstellung; in Anlehnung an Opaschowski, 2000, S. 19

Auf betrieblicher Ebene präzisiert Gardini (2022) die Qualitätsbetrachtung im Tourismus am Beispiel der Hotellerie durch die Untergliederung in drei unterschiedliche Dimensionen:

Potentialebene (vor der Leistungserbringung): Diese Ebene umfasst das Potenzial eines Hotels, dem Gast eine qualitativ hochwertige Dienstleistung zu gewährleisten. Aus Gästesicht handelt es sich dabei zunächst um ein immaterielles Leistungsversprechen, das vor Inanspruchnahme der Dienstleistung nur indirekt beurteilt werden kann. Dieses speist sich beispielsweise aus dem Standort, dem Image, der Ausstattung oder der Ästhetik einer Hotelanlage.

Prozessebene (während der Leistungserbringung): Hier steht die eigentliche Leistungserbringung im Mittelpunkt. Besonders bedeutsam sind persönliche Interaktionen zwischen dem Personal und Gästen sowie das dabei entstehende Ambiente. Die Prozessqualität zeigt sich beispielsweise im Verhalten des Personals – etwa der Freundlichkeit, der Kompetenz, dem Situationsgespür oder dem Einfühlungsvermögen – sowie in der atmosphärischen Gestaltung der Räumlichkeiten der Hotelanlage (z. B. die gewählten Farben und Düfte der Hotelbar oder das Dekor der Hotelzimmer).

Ergebnisebene (nach der Leistungserbringung): Diese Ebene beschreibt schließlich, inwieweit die in Anspruch genommene Leistung die Bedürfnisse des Gastes erfüllen konnte. Das äußert sich beispielsweise in der Kundenzufriedenheit, in Weiterempfehlungen oder in Wiederbesuchsabsichten des Hotels.

Ergänzend lassen sich alle drei Qualitätsdimensionen in eine materielle (Tech-Dimension) und in eine immaterielle (Touch-Dimension) Wirkungsebene untergliedern (Gardini, 2022). Folgendes Schaubild gibt einen exemplarischen Einblick in die Ausgestaltung der Qualitätsdimensionen in der Hotellerie:

Qualitätsdimensionen in der Hotellerie

Eine Tabelle, die die „Tech-Dimension“ (links) und die „Touch-Dimension“ (rechts) des Hotelservice auf drei Ebenen vergleicht: Potenzial, Prozess und Ergebnis, mit Aufzählungspunkten, die die Faktoren für jede Dimension und Ebene detailliert beschreiben.

Abbildung: eigene Darstellung; in Anlehnung an Gardini, 2022, S. 70

Insgesamt ergibt sich das Qualitätsurteil des Kunden aus einer Kombination dieser drei Dimensionen – von der ersten Erwartung bis zur abschließenden Erfahrung.

Dienstleistungsbesonderheiten und Dienstleistungsqualität im Tourismus

Die Komplexität des Qualitätsverständnisses im Tourismus wird zusätzlich durch die Besonderheiten touristischer Dienstleistungen verstärkt. Diese grenzen sich durch die Vereinigung spezifischer Merkmale von herkömmlichen materiellen Produkten ab, welche maßgeblich die Entwicklung und Implementierung von Qualität(sstandards) beeinflussen und eine Herausforderung für das Qualitätsmanagement im tourismusspezifischen Kontext darstellen (Pompl, 1997; UNWTO, 2017):

  • Immaterialität der Dienstleistung (Dienstleistungen sind nicht greifbar bzw. weisen einen Mangel an physischen Leistungseigenschaften auf)
  • Zusammenfall von Produktion und Konsumtion der Dienstleistung (eingeschränkte Möglichkeiten der Qualitätskontrolle)
  • Prozesscharakter der Dienstleistung (Interaktion zwischen Konsumenten und Produzenten)
  • Variabilität und Heterogenität der angebotenen Leistungen (Qualitätsniveau hängt davon ab, wer, wann, wo, wie die Leistung erbringt)
  • Integration des externen Faktors (Ausmaß der Kundenintegration beeinflusst Leistungserstellung und Leistungsergebnis)

Die Qualität eines touristischen Angebots bleibt daher eine subjektive Erfahrung, die sich aus Erwartungen und individuellen Wahrnehmungen der Reisenden speist und von situativen Faktoren beeinflusst wird. Beide Aspekte müssen kontinuierlich berücksichtigt werden, um die Qualitätssicherung und -optimierung in diesem Bereich zu verstehen und zu ermöglichen (Grönroos, 2015; UNWTO, 2017). Grönroos (2015) unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen zwei zentralen Aspekten der Dienstleistungsqualität: dem „Was“ und dem „Wie“ der Leistungserbringung.

„Was“ für einen Service erhält der Kunde? (Technisch-Ergebnisbezogene Dimension | auch: „outcome-quality“)

Dem Hotelgast wird ein Zimmer und ein Bett zum Übernachten bereitgestellt, der Restaurantbesucher erhält eine Mahlzeit, der Flugpassagier wird von Ort A nach Ort B transportiert. Diese Dimension kann vom Reisenden relativ objektiv beurteilt werden, da es sich dabei um das handelt, was dem Kunden bleibt, sobald der Dienstleistungsprozess abgeschlossen ist (Grönroos, 2015).

„Wie“ wird dieser Service realisiert? (Prozessbezogene/Funktionale Dimension)

Da zwischen Produzenten (z. B. Rezeptionist im Hotel) und Konsumenten (z. B. Hotelgast) zahlreiche Interaktionen im Rahmen der Serviceerbringung stattfinden, geht es bei der Qualitätsbewertung des spezifischen Services (z. B. Check-In) auch um die Art und Weise, wie dieser Service vom Produzenten überbracht wird – sei es die Freundlichkeit, das Einfühlungsvermögen des Mitarbeitenden oder die Reibungslosigkeit des Prozesses. Diese Prozessqualität oder auch funktionale Qualität wird von Reisenden subjektiver wahrgenommen und beurteilt als die technische Qualitätsdimension (Grönroos, 2015).

Wie Grönroos (2015) ferner ausführt, ist dem Reisenden bei den meisten touristischen Dienstleistungen das Image des Anbieters bekannt, was die Qualitätswahrnehmung zusätzlich beeinflusst. Kleinere Qualitätsengpässe oder Fehler werden bei einem zunächst positiv wahrgenommenen Image eine geringere Auswirkung auf die Qualitätswahrnehmung haben als bei einer bereits im Voraus negativ empfundenen Reputation des touristischen Akteurs (Grönroos, 2015). Die wahrgenommene Gesamtqualität kann in Dienstleistungsumgebungen in Anlehnung an Grönroos (2015) demnach wie folgt dargestellt werden:

Dimensionen der Servicequalität

Ein Flussdiagramm in deutscher Sprache, das oben die Wahrgenommene Qualität (Gesamt) zeigt, verlinkt mit Image des touristischen Anbieters, das zu WAS Technische Qualität des Service und WIE Funktionale Qualität des Service verzweigt.

Abbildung: eigene Darstellung; in Anlehnung an Grönroos, 2015, S. 96

Dennoch gilt es, die Einflussfaktoren auf die Qualitätswahrnehmung je nach Art des in Anspruch genommenen Services zu differenzieren: Bei funktionalen Produkten wie dem Luftverkehr spielen Faktoren wie Komfort, Service, Reisedauer und Flugfrequenz eine zentrale Rolle bei der Wahrnehmung und Kaufentscheidung. Bei weniger technischen Produkten und Dienstleistungen, die oft erst im Moment der Inanspruchnahme beurteilt werden, wird Qualität stärker mit immateriellen Aspekten wie Ästhetik und Erlebniswert assoziiert. Insbesondere bei erlebnisbasierten touristischen Angeboten sind Markenimage, Servicegestaltung und Empfehlungen – sei es durch Fachkritiker, Familie oder soziale Netzwerke – entscheidend für den Wettbewerbsvorteil (UNWTO, 2017).

Um potenzielle Qualitätslücken (engl. „Gaps“), die die Überbringung einer qualitativ hochwertigen Dienstleistung verhindern können, zu identifizieren und somit zu schließen, gibt das GAP-Modell der Servicequalität nach Parasuraman et al. (1985) einen holistischen Überblick:

GAP-Modell der Servicequalität

Ein Flussdiagramm in deutscher Sprache, das die Unterschiede in der Servicequalität zwischen Kunden und Anbietern zeigt, mit Feldern für Kommunikation, individuelle Bedürfnisse, Erwartungen, Servicebereitstellung und wahrgenommenen Service, die durch Pfeile verbunden und mit den Unterschieden 1–5 beschriftet sind.

Abbildung: eigene Darstellung; in Anlehnung an Parasuraman et al., 1985, S. 60

GAP 1 zwischen der tatsächlichen Kundenerwartung und den Kundenerwartungen in der Wahrnehmung des Managements: Das Management hat kein genaues Bild davon, was die Kunden konkret erwarten, und interpretiert Kundenbedürfnisse unvollständig oder falsch.

Beispiel: Das Management geht davon aus, dass Kunden vor allem beim Check-In im Hotel Wert auf Schnelligkeit legen, obwohl diesen eigentlich eine ausführliche Begrüßung mit Willkommensgetränk wichtiger ist.

GAP 2 zwischen den Kundenerwartungen in der Wahrnehmung des Managements und der Spezifikation der Dienstleistungsqualität: Das Management nimmt zwar die Bedürfnisse der Kunden korrekt wahr, leitet daraus aber keine klaren Anweisungen für das Personal ab.

Beispiel: Die Rezeptionisten werden angewiesen, den Check-In „schnell“ durchzuführen, ohne einen konkreten Zeitrahmen zu definieren (z. B. „innerhalb von fünf Minuten“), was eine Uneinheitlichkeit der Servicequalität bedingt.

GAP 3 zwischen der Spezifikation der Dienstleistungsqualität und der Dienstleistungserstellung: Es bestehen Abweichungen zwischen den Vorgaben und der tatsächlichen Umsetzung – beispielsweise aufgrund einer unzureichenden Schulung der Mitarbeitenden, mangelnder Motivation oder widersprüchlichen Vorgaben.

Beispiel: Die Rezeptionisten sollen den Kunden zügig bedienen aber gleichzeitig auch ausführlich und einfühlsam auf deren Anliegen und Wünsche eingehen – ein Zielkonflikt, der in der Praxis nur schwer zu lösen ist.

GAP 4 zwischen der Dienstleistungserstellung und der kundengerichteten Kommunikation: Die Kundenerwartungen werden durch die Kommunikation nach außen (z. B. über Werbeanzeigen) „fehlerhaft“ beeinflusst und versprechen Leistungen oder Standards, die in der Realität nicht gehalten werden können.

Beispiel: Das Hotel wirbt online mit „modernen, renovierten Zimmern“, aber viele Zimmer sind noch im alten Zustand und entsprechen nicht den abgebildeten Fotos.

GAP 5 zwischen der wahrgenommenen Dienstleistung und der erwarteten Dienstleistung: Der Kunde nimmt die Servicequalität schlechter wahr, als er sie sich vorgestellt hat – entweder weil die Kundenwahrnehmung subjektiv negativ geprägt ist oder weil sie qualitativ tatsächlich nicht den Erwartungen gerecht werden kann.

Beispiel: Der Rezeptionist arbeitet beim Check-In korrekt und effizient, strahlt aber keine Herzlichkeit aus. Der Gast nimmt den Empfang dadurch als unterkühlt und unpersönlich wahr, obwohl objektiv alles richtig gemacht wurde(Kotler & Keller, 2016; Parasuraman et al., 1985).

Mit Blick auf das gesamte Dienstleistungsbündel bzw. die Customer Journey (beispielsweise ein Hotelurlaub von der anfänglichen Informationssuche bis hin zur Nachbereitung der Reise) haben die verschiedenen Komponenten für den Gast eine unterschiedliche Bedeutung – dennoch trägt jedes Glied der Dienstleistungskette einen positiven oder negativen Teil zur schlussendlichen Qualitätswahrnehmung der in Anspruch genommenen Dienstleistung bei (Müller, 2004). Die Abfolge und einzelnen Dienstleistungskomponenten nehmen alle Einfluss auf die Gesamtbewertung der Qualität des Dienstleistungsbündels. Im Folgenden ist dies exemplarisch am touristischen Produkt „Hotelurlaub mit Flug“ dargestellt.

Dienstleistungskette am Beispiel eines Hotelurlaubs inklusive Flug

Ein Flussdiagramm mit blauen Kästen, die die einzelnen Schritte der Reise eines Reisenden zeigen, von der Information und dem Check-in bis hin zum Hotel und den Aktivitäten, wobei grüne Pluszeichen positive Erlebnisse anzeigen und einige rote Linien negative Erlebnisse anzeigen.

Abbildung: eigene Darstellung; in Anlehnung an Müller, 2004; zitiert aus: Michel, 2001

Nur wenn alle Komponenten/Bausteine dieser Reiseerfahrung (Customer Journey) vom Reisenden positiv bewertet bzw. seinen (Qualitäts-)Ansprüchen gerecht werden, ist das Reiseerlebnis (Customer Experience) für gelungen zu interpretieren. Ähnlich verhält es sich auch in Bezug auf die Qualität einer Destination. Im touristischen Kontext kann die Qualität einer Destination in Anlehnung an UNWTO (2017) definiert werden als „das Ergebnis eines Prozesses, bei dem alle Bedürfnisse, Anforderungen und Erwartungen der Reisenden in Bezug auf Tourismusprodukte und -dienstleistungen zu einem fairen Preis erfüllt werden. Dies geschieht unter Einhaltung der vereinbarten vertraglichen Bedingungen sowie wichtiger Faktoren wie Sicherheit, Hygiene, Barrierefreiheit, Kommunikation, Infrastruktur und öffentlicher Einrichtungen. Darüber hinaus umfasst die Qualität auch Aspekte wie Ethik, Transparenz und den respektvollen Umgang mit der menschlichen, natürlichen und kulturellen Umwelt“ [Übers. d. Verf.] (UNWTO, 2017, S. 17).

Original: “[T]he result of a process which implies the satisfaction of all tourism product and service needs, requirements and expectations of the consumer at an acceptable price, in conformity with mutually accepted contractual conditions and the implicit underlying factors such as safety and security, hygiene, accessibility, communication, infrastructure and public amenities and services. It also involves aspects of ethics, transparency and respect towards the human, natural and cultural environment.” (UNWTO, 2017, S.17)

Qualitätsmessung im Tourismus

Wie aus den Ausführungen deutlich wird, ist die, häufig subjektive, Bewertung der Qualität einer touristischen Leistung bzw. eines touristischen Angebots sehr eng mit den Anforderungen und Erwartungen der Kunden verknüpft. Daher ist der Ausgangspunkt aller Bemühungen bei der Aufrechterhaltung und Verbesserung der Qualität im Tourismus die Überprüfung des eigenen Qualitätsniveaus im Kontext der Markt- und Kundenanforderungen und -erwartungen (Bruhn, 2020; Meffert et al., 2018). Mithilfe verschiedener Messkonzepte und -instrumente können die eigenen (Qualitäts-)Ziele und die Kundenanforderungen quantifizier- und messbar gemacht werden. Auf diese Weise lässt sich überprüfen, inwiefern die eigene Dienstleistung bzw. das eigene touristische Produkt die Markt- und Kundenanforderungen sowie deren Erwartungen erfüllt. „Qualitätsmessungen sind […] die Grundlage die eigene Qualität zu ermitteln, um sie daraufhin anzupassen, Qualitätsverbesserungen durchzuführen und schließlich ein Qualitätscontrolling zu implementieren“ (Muskat, 2007, S. 60).

Die Messkonzepte lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien, je nach Perspektive, einteilen: die kundenorientierten Messmethoden (Kundensicht), z. B. klassische Kundenbefragungen oder Mystery-Checks, sowie unternehmensorientierte Messungen (Sicht des Unternehmens und/oder der Mitarbeitenden), z. B. Benchmarking oder Mitarbeitendenbefragungen. Hierbei gibt es sowohl objektiv messbare wie auch subjektiv wahrgenommene Verfahren. In der Praxis findet zumeist ein Mix verschiedener Instrumente Anwendung, der idealerweise mit den jeweiligen Qualitätszielen und -kriterien der Unternehmen bzw. Anbieter abgestimmt und regelmäßig durchgeführt werden sollte (Bruhn, 2020; Gardini, 2022; Müller, 2004). Die nachfolgende Grafik gibt einen Überblick über die verschiedenen Messmethoden:

Ansätze zur Messung der (Dienstleistungs-)Qualität

Eine Tabelle vergleicht kundenorientierte Messung und unternehmensorientierte Messung und listet jeweils verschiedene objektive und subjektive Messmethoden aus Management- und Mitarbeiterperspektive auf.

Abbildung: eigene Darstellung; in Anlehnung an Bruhn, 2020, S. 153; Gardini, 2022, S. 271

Qualitätsmanagementansätze im Tourismus

Wie die vorhergehenden Ausführungen zeigen, spielt Qualitätsmanagement im Tourismus eine entscheidende Rolle, um den wachsenden Anforderungen der Gäste gerecht zu werden und gleichzeitig den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen im zunehmenden Wettbewerb zu sichern. Gemäß der DIN EN ISO-Norm 9000:2014 ist unter Qualitätsmanagement ein „Managementsystem zum Leiten und Lenken einer Organisation bezüglich Qualität“ (Bruhn, 2020, S. 75) zu verstehen. Das Ziel ist es, einheitliche, gleichwertige und hohe Standards sowie eine hohe Servicequalität auf Dauer zu gewährleisten und stetig zu verbessern, sodass die Kundenerwartungen erfüllt und idealerweise übertroffen werden. Die Kundenzufriedenheit ist ein wichtiges Kriterium der Qualitätsbewertung, jedoch gilt es auch weitere Kriterien hinsichtlich der Mitarbeitenden, der internen Prozesse und Abläufe als auch des Ergebnisses und des Produktes einzubeziehen (Bruhn, 2020; Muskat, 2007; Müller, 2004).

Basierend auf den ISO-Normen identifiziert die Literatur wesentliche Grundvoraussetzungen und -bedingungen für ein Qualitätsmanagement, die je nach Quelle, mehr oder weniger Punkte beinhalten. In den meisten Ausführungen werden folgende Punkte aufgeführt (Bruhn, 2020; Müller, 2004):

  • Kundenorientierung
  • Führung
  • Engagement von Personen
  • Prozessorientierter Ansatz / Umweltorientierung
  • (Kontinuierliche) Verbesserung
  • Faktengestützte Entscheidungsfindung
  • Beziehungsmanagement

Mit anderen Worten gesagt ist Qualitätsmanagement ein „Managementansatz, der Qualität in den Mittelpunkt der Entscheidungen stellt und alle Geschäftsbereiche des Unternehmens umfasst“ (Müller, 2004, S. 41). Diese Beschreibung verweist auf das heute in Wissenschaft und Praxis überwiegend verbreitete Verständnis eines ganzheitlichen und umfassenden Qualitätsmanagements, das Konzept des Total Quality Managements (TQM). Das TQM ist ein strategischer, umfassender Führungsansatz bzw. Managementmethode, die einer das ganze Unternehmen betreffenden Qualitätsphilosophie/-kultur sehr nahekommt. Die drei Wortbestandteile des Konzeptes belegen bereits die wichtigsten Eckpfeiler (Gardini 1997; Lieb, 1997; Bruhn, 2020; Berg, 2012; Müller, 2004):

  • Total: Einbeziehung und Mitwirkung aller Mitarbeitenden, Kunden, Geschäftspartner und Zulieferer
  • Quality: absolute Qualitätsorientierung aller internen und externen Prozesse und Abläufe
  • Management: Qualität als Management- und Führungsaufgabe

In diesem Sinne spricht Muskat (2007) von vier Dimensionen des TQM, die die Grundsätze des Qualitätsmanagements im Allgemeinen widerspiegeln: Kundenorientierung, Mitarbeitendenorientierung, Prozessorientierung und ein übergreifendes qualitätsorientiertes Führungssystem.

Die zugrundeliegende Maxime des TQM ist: „Der Qualitätsgedanke/die Qualität kann nicht delegiert werden, sondern muss von allen Beteiligten gelebt werden“ (Berg, 2012, S. 555). Es zielt also darauf ab, die Führungskräfte und Mitarbeitenden auf allen Ebenen im Hinblick auf ihre jeweilige Verantwortung und Wirkung auf das Qualitätsergebnis zu sensibilisieren und zu qualifizieren, die Teamarbeit und Kooperationen nach innen und nach außen zu fördern sowie den Informationsfluss stetig zu verbessern (Muskat, 2007; Bruhn, 2020; UNWTO, 2017). Eine konzeptionelle Erweiterung des TQM für die besonderen Belange des Tourismus als Dienstleistungsbranche stellt das Konzept des Total Quality Service dar (Bruhn, 2020).

Für eine praktische Umsetzung eines Qualitätsmanagements im eigenen Betrieb hilft die Orientierung an Qualitätsmanagementsystemen (QMS). Darunter versteht man „die Zusammenführung verschiedener Bausteine unter sachlogischen Gesichtspunkten […], um unternehmensintern und -extern eine systematische Analyse, Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle von qualitätsrelevanten Aspekten des Leistungsprogramms eines Unternehmens sicherzustellen“ (Bruhn, 2020, S. 75). Das bedeutet, ein System oder Mechanismus, das Planungs- und Steuerungsaufgaben definiert, auf operationalisierbare Maßnahmen herunterbricht und deren Umsetzung und Erfolg systematisch überprüft. Das kann mithilfe eines eigenen Systems erfolgen oder man greift auf in der Praxis bewährte Systeme zurück, wie zum Beispiel Six Sigma, EFQM-Modell für Excellence, Kaizen, Strukturierung nach der ISO-Norm 9001 (Bruhn, 2020; Muskat, 2007; Pompl & Lieb, 1997; Müller, 2004).

Allen QMS gemein sind vier wesentliche Bausteine, auch Phasen genannt, die an den klassischen Managementprozess angelehnt sind: Analyse, Planung, Umsetzung und Controlling. Die Beschreibung dieser vier Phasen erfolgt basierend auf Bruhn (2020), Muskat (2007) und Gardini (1997).

Analyse der (Dienstleistungs-)Qualität:
Als Ausgangs- und Referenzpunkt für die weiteren Schritte bei der Einführung eines QMS muss die (Dienstleistungs-)Qualität geprüft und analysiert werden. Das erfolgt meistens mit einer Messung anhand spezifischer Qualitätskriterien und -indikatoren und den passenden Instrumenten, wie im Abschnitt „Qualitätsmessung im Tourismus“ beschrieben.

Planung und Steuerung der Qualität:
Mithilfe der initialen Qualitätsanalyse können die konkreten Handlungsbedarfe für eine qualitätsorientierte Entwicklung identifiziert werden. Sie bilden die Basis für die strategische Grundlage eines unternehmensspezifischen Qualitätsmanagements. Diese Grundlage definiert die gewünschte Qualitätsposition und zu verfolgende Qualitätsstrategie, beschreibt die Unternehmensvision und -mission sowie die Qualitätsgrundsätze und hält die Qualitätsanforderungen und -ziele fest. Diese Strategien können sich am Kunden, am Markt und/oder am Wettbewerb orientieren.

Umsetzung der Qualität:
Das ist der Übergang von der strategischen Planung in die operative Umsetzung. Die definierte Qualitätsstrategie ist folglich auf realisierbare und zielführende Maßnahmen herunterzubrechen. Diese sollten sich einerseits auf die Verbesserung der eigentlichen Leistung des Produktes bzw. die Qualität der Dienstleistungen fokussieren und andererseits auch die Kundenerwartung entsprechend steuern. Wesentliche Ansatzpunkte sind die betrieblichen Strukturen, die Systeme und die Unternehmenskultur. Zum Start der Implementierung und als initialer Anreiz bzw. Motivation kann eine Orientierung an einem Qualitätspreis oder das Anstreben einer Zertifizierung helfen.

Qualitätscontrolling:
Den Fortschritt der umgesetzten Maßnahmen und den Grad der Zielerreichung gilt es kontinuierlich und regelmäßig zu kontrollieren. Das bedeutet, das Qualitätsmanagement mit den zugehörigen Maßnahmen und Prozessen müssen auf Effektivität, Effizienz und Kosten-Nutzen-Verhältnis geprüft werden. Die Ergebnisse des Controllings sind entsprechend zu dokumentieren. Die erhaltenen Informationen dienen den Verantwortlichen bei der kontinuierlichen Planung, Steuerung und Ausrichtung des Qualitätsmanagements.

Zertifizierungen und Qualitätsauszeichnungen

Im Zusammenhang mit Qualität im Tourismus ist auch häufig von Qualitätszeichen (z. B. Auszeichnungen und Preise, Qualitäts- und Gütesiegel), Prädikaten und Zertifizierungen die Rede (Gardini, 2022). Qualitätszeichen sind meist das Ergebnis eines Zertifizierungsprozesses einzelner touristischer Leistungen oder eines gesamten Qualitätsmanagements bzw. QMS. Prädikate hingegen werden in Deutschland einzig vom Deutschen Tourismusverband und dem Deutschen Heilbäderverband an Destinationen vergeben. Ein Prädikat weist eine Destination als anerkannten Kur- oder Erholungsort aus, der spezifische Prädikatsvoraussetzungen erfüllt (Brittner-Widmann, 2021; Freyer & Dreyer, 2004).

Qualitätsauszeichnungen sind punktuell, in der Regel jährlich, vergebene Preise, die den Fortschritt der Qualitätsentwicklung in einer Organisation belegen. Verliehen werden sie von spezialisierten Institutionen anhand definierter Kriterien. Diese Kriterien geben Orientierung, helfen bei der Einführung von Qualitätsmanagementmaßnahmen und -systemen und fördern somit das betriebliche Qualitätsmanagement. Ein wesentliches Ziel solcher Qualitätsauszeichnungen ist die Wettbewerbsfähigkeit der jeweiligen Branche im Allgemeinen zu stärken (Bruhn, 2020). Über die Jahre haben sich weltweit eine Vielzahl solcher Preise auf allen Ebenen gebildet, z. B. der „EFQM Excellence Award“ (EEA) oder der deutsche „Ludwig-Erhard-Preis“. Allerdings fokussieren sich solche Preise häufig nur auf eine Teilleistung oder einen Teilprozess (Muskat, 2007), weshalb Auszeichnungen, die auf anerkannten Qualitätsmodellen ­ wie das beim „EFQM Excellence Award“ der Fall ist ­ beruhen, besonders empfehlenswert sind. So basieren die Bewertungskriterien des EEA auf zehn Kategorien, die dem Qualitätsverständnis des TQM folgen, und alle betrieblichen Ebenen und Stakeholder-Gruppen berücksichtigen. Bei der Überprüfung im Rahmen des Bewerbungsprozesses für den Preis wird entsprechend bewertet, was im Unternehmen entlang des EFQM-Modells (siehe nachfolgende Abbildung) erzielt werden konnte (Bruhn, 2020; Gardini, 2022).

Bewertungskriterien des EFQM-Modells für Excellence

Ein Flussdiagramm auf Deutsch, das eine 50/50-Aufteilung zwischen „Befähiger“ und „Ergebnisse“ zeigt, mit Kategorien wie Führung, Strategie, Mitarbeiter, Prozesse, Produkte, Dienstleistungen und verschiedenen Ergebnisbereichen, die durch Pfeile verbunden sind.

Abbildung: eigene Darstellung; in Anlehnung an Bruhn, 2020, S. 457; EFQM, 2025; Gardini, 2022, S. 288

Qualitätszertifizierungen hingegen beziehen sich immer auf ein spezifisches Qualitätsmanagementsystem oder Branchenstandards. Sie belegen, dass dessen Vorgaben und die begleitenden Maßnahmen erfüllt werden. Mithilfe solcher Zertifizierungen lässt sich die Qualität der eigenen (Dienst-)Leistung zielführend überprüfen und schafft intern wie extern ein Bewusstsein über die verfolgten Qualitätsansprüche. Solche Zertifizierungen sind ein gutes „Instrument [, das] die Einführung eines langfristigen und profunden Qualitätsmanagements in Dienstleistungsunternehmen unterstützt“ (Bruhn, 2020, S. 504).

Qualitätszeichen sind folglich Nachweise für eine bestimmte und überprüfte Qualität und/oder Kennzeichen dafür, welche Eigenschaften der Gast vom Produkt bzw. einer Leistung erwarten kann. Sie sorgen für Transparenz und bieten dem Gast Orientierung, mindern deren Unsicherheit beim Kauf oder bei der Buchung und verhelfen dem ausgezeichneten Anbieter auf diesem Wege zu mehr Sichtbarkeit, Glaubwürdigkeit und unter Umständen Wettbewerbsvorteilen (Brittner-Widmann, 2021; Freyer & Dreyer, 2004; UNWTO, 2017). Allerdings sind diese Qualitätszeichen mit Vorsicht zu genießen. Auf dem Markt existiert inzwischen eine Vielzahl an unterschiedlichen (Qualitäts-)Auszeichnungen, Qualitäts- und Gütesiegel und Zertifizierungen. Sie basieren auf unterschiedlichen Kriterien und werden von den unterschiedlichsten Akteuren erhoben bzw. verliehen, deren Allgemeingültigkeit und Wertigkeit sich nicht immer nachweisen lässt. Darunter leidet das Vertrauen in diese Qualitätszeichen und die Akzeptanz sinkt. Zumal deren Bedeutung aus Kundensicht aufgrund steigender Beachtung der Onlinebewertungen tendenziell abnimmt (Bruhn & Hadwich, 2004; Freyer & Dreyer, 2004).

Vor diesem Hintergrund und da Zertifizierungsprozesse und der Weg zur „Krönung“ mit Qualitätszeichen sowohl zeitlich als auch finanziell Ressourcen binden, gilt es fundiert abzuwägen, welche Zertifizierung oder Auszeichnung man als Unternehmen verfolgen möchte. Nicht zuletzt ist eine solche Auszeichnung oder Prämierung nie als alleiniges Instrument des Qualitätsmanagements zu sehen, sondern sollte immer integriert in ein strategisches Qualitätsmanagementsystem betrachtet werden (Bruhn, 2020).

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Fazit

Qualität ist ein vielschichtiger Begriff, der sowohl subjektive Bewertungen als auch objektive Messgrößen umfasst. Je nach Perspektive – sei es die des Kunden oder die des Unternehmens – wird Qualität unterschiedlich definiert und bewertet. Für touristische Akteure gilt es zu beachten, dass sich Qualität als dynamisches Konstrukt im Laufe der Zeit verändern kann und daher stets im Kontext der jeweiligen Anforderungen und Wahrnehmungen betrachtet werden muss. Eine stetige Beobachtung der (steigenden) Kundenbedürfnisse ist daher in einer dynamischen und wettbewerbsintensiven Branche wie dem Tourismus, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen nicht lediglich einen materiellen, sondern vor allem einen emotionalen und identitätsstiftenden Nutzen transportieren soll, essenziell. Die Charakteristika des touristischen Dienstleistungsproduktes verleihen dem Qualitätsverständnis weitere Komplexität, die es zu erfassen und auch im Managementbereich zu adressieren gilt, um einerseits den wachsenden Kundenbedürfnissen gerecht zu werden und um sich andererseits eine resiliente Wettbewerbsposition zu sichern bzw. zu erhalten. Der Qualitätsgedanke sollte dabei auf Führungs- und Mitarbeitendenebene verstanden, aktiv gelebt und implementiert werden, wobei Qualitätsmanagementsysteme den gesamten Prozess – von der Analyse bis zum Qualitätscontrolling – wirkungsvoll unterstützen können.

Dennoch gilt zu beachten, dass jede Destination, jedes touristische Produkt und auch jede avisierte Zielgruppe von Heterogenität geprägt ist. Das Verfolgen einer „one-size-fits-all“-Lösung verfehlt in der Praxis oftmals den angestrebten Effekt. Jedem Qualitätsmanagementansatz sollte daher eine fundierte Analyse vorangehen, die klärt, welches Angebot welche Zielgruppe mit welchen Bedürfnissen und Erwartungen bedienen soll und welche Qualitätsstandards dabei im Sinne des Unternehmens oder der Destination verfolgt und welche Qualitätsmerkmale erfüllt werden sollen. Begleitend dazu bedarf es einer kontinuierlichen Beobachtung sich verändernder Kundenbedürfnisse und der Entwicklungen der Wettbewerbsstrukturen.

Auch wenn der Qualitätsbegriff schwer zu greifen ist, kann dieser mit Leben gefüllt werden, indem man sich zunächst auf ein gemeinsames Qualitätsverständnis einigt. Auf dieser Grundlage lässt sich ein individuelles Qualitätsmanagement entwickeln, das sich an den eigenen Zielen und spezifischen Bedürfnissen der Zielgruppen orientiert.

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