ONLINE-FORUM

Lessons learned? Konsequenzen und Herausforderungen für die Zukunft des Tourismus in Bayern

live am 14. Dezember 2021 I 10.00 bis 11.30 Uhr

Unsere Gäste

Julia Zwicker

Geschäftsführerin
Panoramahotel Oberjoch GmbH

Werner Sülberg

Lehrbeauftragter für Tourismusmanagement
Hochschule Frankfurt/Main und KU Eichstätt

zuvor über 40 Jahre lang in leitenden Funktionen bei DER Touristik

Herbert Hamele

Vorsitzender des Europäischen Expertennetzes für Nachhaltige Tourismusentwicklung
ECOTRANS e.V.

Leiter der Plattform
Tourismus2030.eu

Oswald Pehel

Geschäftsführer
Tourismus Oberbayern München e.V.

Mathias Behrens-Egge

Geschäftsführender Gesellschafter
BTE Tourismus- und Regionalberatung

Die Konferenz im Überblick

Bei der Abschlussveranstaltung im Rahmen der achtteiligen Jahresdialogreihe 2021 wurden die Kernthemen der bisherigen Dialoge zusammengefasst und daraus resultierende Konsequenzen und Herausforderungen für die Zukunft des Tourismus in Bayern diskutiert. Mit in den Austausch eingebunden war der bayerische Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, Hubert Aiwanger, über ein vorab aufgezeichnetes Interview.

„Die Tourismuswirtschaft hat sich erstaunlich gut durch die Coronakrise geschlagen“, lautete die anfängliche Bilanz von Hubert Aiwanger im letzten Jahresdialog 2021 des BZT. Er betonte, dass für die Zukunftsfähigkeit des Tourismus vor allem eine maßvolle Besucherlenkung wichtig sei. Zudem müssen „Tourismusprojekte in Abstimmung mit den Menschen vor Ort entwickelt werden“, lautete seine Prognose für einen zukunftsfähigen Tourismus im Freistaat. Zugleich wies der Minister auf die vielen verschiedenen Förderprogramme Bayerns hin und appellierte an die touristischen Betriebe, sie vor allem für die Digitalisierung ihrer Branche zu nutzen.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Moderiert wurde der abschließende BZT-Jahresdialog von Prof. Dr. Alfred Bauer (Leiter des BZT), der mit Prof. Dr. Jürgen Schmude (wissenschaftlicher Leiter des BZT) und Prof. Dr. Marco A. Gardini (stellvertretender Leiter des BZT) die bisherigen Erkenntnisse der sieben Dialoge in diesem Jahr bilanzierte. Zudem schilderten die geladenen Branchenexpert*innen ihre Erfahrungen und gaben einen Ausblick auf das Jahr 2022.

Planungsunsicherheit führt zu Verunsicherung in der Branche

Julia Zwicker unterschied dabei in ihrem Rückblick zwischen dem ersten und zweiten Lockdown. Während im ersten Lockdown die Hilfen viel zu langsam geflossen seien und ein wirtschaftliches Überleben ohne Hilfe der Banken schwierig gewesen wäre, folgte nach einem „supererfolgreichen Sommer“ der zweite Lockdown. „Seine Länge hat überrascht, doch kamen die Hilfen deutlich schneller an“, bekräftigte sie. Sorge bereiten ihr die Mitarbeiter*innen-Abwanderung und die fehlende Qualifikation der Auszubildenden aufgrund der langen Schließungen und damit einhergehender Kurzarbeit. „Wir sind noch nicht raus aus der Krise“, mahnte sie. „Zudem sind kurzfristige Schließungen und Wiedereröffnung der Betriebe infolge von lokalen Lockdowns nicht praktikabel und führen bei den Gästen zu großer Verunsicherung“, so Julia Zwicker.

Reiseveranstalter kämpfen mit Liquiditätsproblemen

Werner Sülberg widmete sich in seinem Beitrag dem Segment der Reiseveranstalter. Er stellte fest, dass die Reiselust laut Erhebungen der Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. während der Coronapandemie keineswegs gelitten habe. „Allerdings fand beim Verbraucher aufgrund der Grenzschließungen bei den Ferndestinationen eine Rückbesinnung vom internationalen Tourismus auf den Binnentourismus statt“, betonte er. Die Veranstalter hätten über zwei Jahre lang Umsatzrückgänge von rund 85 Prozent zu verzeichnen und mit nur 15 Prozent des normalen Umsatzvolumens ihre Kund*innen voll entschädigen und sämtliche eigenen Kosten decken müssen. „Aufgrund der aktuellen Situation wird es für einige Reiseveranstalter hinsichtlich ihrer Liquidität in der nächsten Zeit sehr eng“, lautete seine Befürchtung.

Coronakrise ist eine Dauerkrise ohne Ausweichmöglichkeiten

Prof. Dr. Jürgen Schmude stellte mit Blick auf die Nachfragesituation in der Tourismusbranche fest, dass die COVID-19-Krise eine „Dauerkrise ohne Ausweichmöglichkeiten für Reisende“ darstelle. Eine Folge davon: „Das berühmte kurze Gedächtnis, wie bei vorherigen Krisen der Touristik, funktioniert nicht mehr.“ Ein aktuelles Forschungsprojekt zeige jedoch, dass das Thema Sicherheit für die Bevölkerung kein Problem darstelle. „Dies wird nicht das dominierende Thema für die Zukunft des Tourismus sein“, untermauerte er. Vielmehr habe die Pandemie die Menschen zu einer viel stärkeren Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit angehalten.

Nachhaltigkeit als Grundvoraussetzung für zukunftsfähigen Tourismus

Auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger sah die Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit als „existentiell“ für den Tourismus an und ergänzte in seinem Videobeitrag: „Die Menschen erwarten hierzu Regeln.“

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Herbert Hamele appellierte an die bayerische Tourismusbranche, entsprechende Nachhaltigkeitsstandards zu erfüllen und durch glaubwürdige Zertifikate zu belegen. „Viele Betriebe sind bereits heute auf einem guten Weg und könnten wohl mit wenigen zusätzlichen Maßnahmen einen Zertifizierungsprozess erfolgreich durchlaufen“, so seine Einschätzung. Und weiter: „Ohne solche Belege für eine anerkannt hohe Umwelt- und Sozialverträglichkeit wird es schwer sein, einen nachhaltigen Tourismus glaubwürdig zu vertreten und damit im internationalen Wettbewerb entsprechend zu punkten. Eine Grüne Reisekarte Bayern mit zehn Prozent zertifizierten Betrieben wäre sicherlich in wenigen Jahren möglich.“

Digitalisierung der Tourismusbranche im Kollektiv meistern

Die teilnehmenden Expert*innen am BZT-Jahresdialog tauschten sich zudem über die große Bedeutung der Digitalisierung für die Zukunft der Tourismusbranche aus. Prof. Dr. Vanessa Borkmann forderte die touristischen Betriebe auf, „einfach einmal anzufangen, sich damit zu beschäftigen.“ Wichtig sei jedoch ein Zusammenschluss mit anderen Unternehmen, um sich auszutauschen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. „Die letzte Abzweigung auf diesem Weg muss dann jeder für sich selbst gehen. Wichtig ist zudem, sich von der ausschließlichen Sichtweise des Gastes zu lösen und das Thema Digitalisierung auch aus betrieblicher Sicht anzugehen“, lautete ihr Appell. „Digitalisierung sollte als Unterstützung gesehen werden, insbesondere vor dem Hintergrund des Personalmangels. Die Digitalisierung steht nicht im Widerspruch zu qualitätvollen Serviceprozessen“, so Borkmann weiter.

Effektive Besucherlenkung ist Managementaufgabe

Oswald Pehel und Mathias Behrens-Egge äußerten sich abschließend zum Thema Besucherlenkung. „Dies ist ein starkes Managementthema und das Ziel muss eine effektive Lenkung unter anderem durch digitale Tools sein, damit die Besucherströme sinnvoll gesteuert werden können“, so Oswald Pehel.

Mathias Behrens-Egge ergänzte, dass bei aller Diskussion um Digitalisierung nicht vergessen werden dürfte, dass sich viele Gäste weiterhin analog informieren. Beide sind sich einig, dass eine neue Verträglichkeit nicht nur heißt, den Individualverkehr einzudämmen und Naturraum zu schützen, sondern vielmehr auch ein stärkeres Zusammenrücken von Einwohner- und Tourismusinteressen bedeutet.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Mehr zum Thema