MANAGEMENT SUMMARY

Schlagworte: Digitalisierung, Zielgruppen und Märkte

Improving Tourist Arrival Prediction: A Big Data and Artificial Neural Network Approach

Titel: Improving Tourist Arrival Prediction: A Big Data and Artificial Neural Network Approach
Autor/innen: Wolfram Höpken, Tobias Eberle, Matthias Fuchs, Maria Lexhagen
Seiten: 998-1017
Fachzeitschrift: Journal of Travel Research
Verlag: SAGE Publications
Erscheinungsjahr: Mai 2021, Vol. 60 (5)
DOI: https://doi.org/10.1177/0047287520921244

Kernaussagen

  • Aufgrund starker Schwankungen der touristischen Nachfrage ist eine genaue Vorhersage der Touristenankünfte für Tourismusorganisationen von großer Bedeutung.
  • In der vorliegenden Studie wird ein Ansatz zur Verbesserung von Prognosemodellen vorgestellt, bei dem webbasierte Suchanfragen von Reisenden als externer Input für die Vorhersage der Touristenankünfte genutzt wird.
  • Die Studie schlägt eine neue Methode zur Identifizierung relevanter Suchbegriffe vor, um diese in einem Web-Suchindex zu aggregieren.
  • Die Studienergebnisse zeigen, dass Google-Trends-Daten, die das Online-Suchverhalten der Reisenden widerspiegeln (d. h. Big-Data-Informationsquellen), Vorhersagen über Gästeankünfte im Vergleich zu autoregressiven Ansätzen, die nur vergangene Ankünfte verwenden, erheblich präzisieren.

Anmerkung: Auf den ebenfalls in dieser Studie vorgestellten Vergleich weiterführender Ansätze aus dem Bereich des „machine learnings“ zur Vorhersage touristischer Nachfrage wird hier nicht eingegangen.

Problemstellung

Vorhersagen über die touristische Nachfrage sind ein Mittel zur Risikominderung und im Tourismus unerlässlich, da touristische Dienstleistungsprodukte vergänglich sind, von ergänzenden Dienstleistungen abhängen und äußerst krisenanfällig sind (Frechtling 2011; Vanhove 2011), wie sich auch jüngst in der Corona-Pandemie zeigt. Prognosen im Tourismus bedeuten, die Richtung der künftigen Nachfrage anzugeben. Sie liefern somit aussagekräftige Informationen für das Destinationsmanagement und die verschiedenen Tourismusanbieter (Vanhove 2011). Die am häufigsten verwendete Kennzahl für die Messung der touristischen Nachfrage ist die Zahl der touristischen Ankünfte.

Bedeutung für die Destinationen

Der Erfolg von Tourismusunternehmen hängt damit auch von der Fähigkeit ab, die touristische Nachfrage möglichst genau vorherzusagen. Die Folgen einer schlechten Vorhersage wiederum führen unter anderem zu einer schlechten Marketingeffektivität und einer ineffizienten Ressourcennutzung (Frechtling 2011).

Mittel zur Vorhersage der touristischen Nachfrage Herausforderungen

Song und Li (2008) und Song, Qiu und Park (2019) stellen fest, dass die Methoden zur Modellierung und Prognose der touristischen Nachfrage sehr unterschiedlich sind und, dass es kein einzelnes Modell gibt, das anderen Modellen in allen Situationen überlegen ist. Eine weitere Herausforderung bei der Nachfrageprognose ist der Zugang zu zeitnahen und kostengünstigen Daten (Önder 2017). Weitere wesentliche Herausforderungen sind der Mangel an historischen Zeitreihendaten und die Volatilität der Nachfrage (Frechtling 2011; Song et al. 2010). Daher sind neue Datenquellen und Modellierungstechniken von entscheidender Bedeutung für die aktuelle Tourismusforschung.

Zielrichtung des vorliegenden Artikels

Ziel der zugrundeliegenden Studie ist es, die Vorhersage der touristischen Nachfrage, die meist allein auf der Grundlage vergangener Ankünfte (d. h. autoregressive Ansätze) basiert, zu verbessern, indem der von den Reisenden induzierte Web-Suchverkehr als zusätzliche erklärende Eingangsvariable mit einbezogen wird. Damit wird ein neuartiger Ansatz zur Identifizierung und Aggregation von tourismusrelevanten Suchbegriffen vorgestellt und bewertet.

Analyse des Websuchverkehrs zur Verbesserung der zukünftigen Nachfrage

In den letzten Jahren haben Forscher*innen auf der ganzen Welt den Suchverkehr im Internet für die Vorhersage von Wirtschaftsindikatoren genutzt (Wu und Brynjolfsson 2015). So erstellten Vosen und Schmidt (2011) ein Modell zur Vorhersage des privaten Konsums anhand von Google-Trends-Daten und stellten fest, dass die Hinzunahme von Websuchdaten die meisten umfragebasierten Ansätze übertrifft.

In einem touristischen Kontext wird die Suche nach Reiseinformationen als die Phase des Entscheidungsprozesses definiert, in der Reisende aktiv Informationen aus zahlreichen Quellen sammeln und integrieren, bevor sie ihre Reiseentscheidung und die Wahl des Reiseziels treffen (Vogt und Fesenmaier 1998; Fodness und Murray 1999).

Technisch gesehen können bei jeder Interaktion eines (potenziellen) Touristen mit dem Internet elektronische Spuren dieser Interaktion erfasst, gespeichert und später analysiert werden. Vor allem aber wird dabei das Volumen der Suchmaschinenanfragen erfolgreich für die Prognose und Modellierung der Tourismusnachfrage genutzt (u. a. Höpken et al. 2019).

Forschungsergebnisse

Die Prognosestudie wurde für Schweden durchgeführt, wobei Ankunftsdaten der wichtigsten schwedischen touristischen Quellländer (d. h. Dänemark, Finnland, Norwegen, die Russische Föderation und das Vereinigte Königreich) für den Zeitraum 2008-2016 sowie entsprechende Google Trends-Daten (d. h. Text- und Videosuche) als Big-Data-Quelle verwendet wurden. Die Studienergebnisse zeigen deutlich, dass die Erweiterung rein autoregressiver Prognoseansätze durch Google-Trends-Daten Prognosefehler deutlich reduziert.

Die Abbildung zeigt die stationäre Reihe der Touristenankünfte und die entsprechenden aggregierten Suchindexreihen. Die hohe Übereinstimmung der Zeitreihen zeigt offensichtlich eine potenziell hohe Vorhersagekraft des aggregierten Suchindexes in Bezug auf die touristischen Ankünfte.

© W. Hoepken et al., in: Journal of Travel Research 60 (5) (2021)

Fazit

Google-Trends-Daten, als ein Beispiel für die Repräsentation des digitalen Informationsverhaltens potentieller Touristen, können als effektive Datenquelle genutzt werden, um die Vorhersagegenauigkeit für den mittelfristigen Bereich der zukünftigen touristischen Nachfrage sowie für Nachfrageschwankungen zu erhöhen. Eine ausreichende Aktualität und Verfügbarkeit der Daten vorausgesetzt, ergibt sich ein potentiell ergiebiges Mittel für die Verbesserung der Angebotsplanung der Destinationen und ihrer Akteure.

Literaturverzeichnis

  • Höpken, Wolfram; Eberle, Tobias; Fuchs, Matthias; Lexhagen, Maria (2021): Improving Tourist Arrival Prediction: A Big Data and Artificial Neural Network Approach. In Journal of Travel Research 60 (5), pp. 998–1017. DOI: 10.1177/0047287520921244.
  • Fodness, D., and B. Murray. 1999. “A Model of Tourist Information Search Behavior.” Journal of Travel Research 37:220–30.
  • Frechtling, D. C. 2011. Forecasting Tourism Demand: Methods and Strategies. Abingdon, UK: Routledge.
  • Höpken, W., T. Eberle, M. Fuchs, and M. Lexhagen. 2019. “Google Trends Data for Analysing Tourists’ Online Search Behavior and Improving Demand Forecasting: The Case of Åre.” Sweden. Information Technology and Tourism 21 (1): 45–62.
  • Önder, I. 2017. “Forecasting Tourism Demand with Google Trends: Accuracy Comparison of Countries versus Cities.” International Journal of Tourism Research 19: 648–60.
  • Song, H., and G. Li. 2008. “Tourism Demand Modelling and Forecasting: A Review of Recent Research.” Tourism Management 29: 203–20.
  • Song, H., and S. Lin. 2010. “Impact of the Financial and Economic Crisis on Tourism in Asia.” Journal of Travel Research 49 (1): 16–30.
  • Song, H., R. T. R. Qiu, and J. Park. 2019. “A Review of Research on Tourism Demand Forecasting Methods.” Annals of Tourism Research 75: 338–62.
  • Vanhove, N. 2011. The Economics of Tourism Destinations. London: Elsevier.
  • Vogt, C., and D. R. Fesenmaier. 1998 “Expanding the Functional Information Search Model.” Annals of Tourism Research 25 (3): 551–78.
  • Vosen, S., and T. Schmidt. 2011. “Forecasting Private Consumption: Survey-Based Indicators vs. Google Trends.” Journal of Forecasting 30 (6): 565–78.
  • Wu, L., and E. Brynjolfsson. 2015. “The Future of Prediction: How Google Searches Foreshadow Housing Prices and Sales.” In Economics of Digitalisation, 89–118. Chicago: University of Chicago Press