KAMINGESPRÄCH

Lebens- und Urlaubsraum

Bayrischzell I 03. Februar 2020

AUS DER WISSENSCHAFT

Prof. Dr. Harald Pechlaner

Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Inhaber des Lehrstuhls Tourismus und Leiter des Zentrums für Entrepreneurship

 

Es besteht die Notwendigkeit, die Bevölkerung zu verstehen und in Entscheidungsprozesse der Destination mit einzubinden, was jahrelang im „Tourismus der Rekorde“ vergessen wurde.

Prof. Dr. Harald Pechlaner

Kernaussagen
  • Overtourism ist ein diffuses Unbehagen der Einheimischen gegenüber den Touristen und dem Tourismus allgemein und mehr als ein „zu viel“.
  • Einheimische sollten in die Entscheidungsprozesse der Destination eingebunden werden, was jahrelang nicht getan wurde.
  • Die Einführung eines Besuchermanagements (Montoring, Wegegestaltung, Information, Kommunikation, Pricing und Warteschlangenmanagement) ist unabdingbar.
  • Im Rahmen eines Dialogmanagements zwischen Einheimischen, politischen Vertretern, Destinationen sowie touristischen Akteuren können Entscheidungen konfliktarm getroffen werden.

AUS DER PRAXIS

Rolf Eberhardt

Naturparkzentrum AlpSeeHaus, Immenstadt
Leiter des Naturparks Nagelfluhkette e. V.

Eine naturnahe Erholung ist nur in Einklang mit den Grundeigentümern und Landbewirtschaftern möglich. Ein gutes Miteinander von Anbietern, Gästen und Einheimischen muss aber organisiert und gut moderiert werden.

Rolf Eberhardt

Kernaussagen
  • Der Naturpark Nagelfluhkette wird von Einheimischen sowie von Tages- und Urlaubgästen besucht.
  • Das Kernelement der Besucherlenkung ist ein Wegemanagement kombiniert mit der Aufklärung der Besucher – etwa durch begründete Einschränkungen, die über Informationstafeln und Ranger vermittelt werden.
  • Zentral ist auch die Zusammenarbeit mit Schulen, um schon Kinder für das Thema zu sensibilisieren. „Digitale“ Ranger sorgen dafür, dass Tourenvorschläge im Internet gelöscht werden, die durch sensible Räume des Naturparks führen.
  • Diese Maßnahmen der Besucherlenkung stoßen dann an ihre Grenzen, wenn die Wetterbedingungen im Naturpark besonders gut sind. Lenkungsmaßnahmen für solche Besucherpeaks sind die Herausforderung für die nächsten Jahre.

Ergebnisse der Workshops

  • Aus „Perspektive der Einheimischen“ steht deren Lebensqualität im Mittelpunkt. Dabei wurden Aspekte wie der Individualverkehr, zentrale Parkplätze, der ÖPNV-Ausbau, bezahlbarer Wohnraum und auch das Bedürfnis nach Ruhe diskutiert.
  • Zentraler Punkt ist die Einbeziehung der Einheimischen, um Destination und Standort gleichermaßen zu entwickeln.
  • Die Kommunikation zwischen Nachbarkommunen und –tälern sowie die Zusammenarbeit von Stadt und Umland sind zu verbessern. Der Politik sollten dabei Monitoring-Daten als Basis für Entscheidungen zur Verfügung gestellt werden.
  • Aus „Perspektive der Gäste“ stehen die Themen Mobilität und Besucherlenkung im Vordergrund. Grundsätzlich ist zu klären, wie ein Gast definiert wird – etwa Einheimische in der Freizeit, ein auswärtiger Tagesgast, ein Urlaubsgast oder auch ein Tagungsgast.
  • Tagesgäste nehmen eine besondere Rolle in Destinationen ein, da sie mit ihren Erwartungen zwischen Urlaubsgästen und Einheimischen liegen und es in diesem Gefüge zu Interessenskonflikten kommen kann.
  • Maßnahmen zur Besucherlenkung sind nur dann erfolgreich, wenn die Information frühzeitig erfolgt, bestenfalls bereits vor der Ankunft in einer Destination.
  • Nur geschlossene Mobilitätsketten (von der eigenen Haustür über den Aufenthalt im Zielgebiet bis hin zur Rückkehr nach Hause) verringern das Verkehrsaufkommen in einer Destination.

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