GEFÖRDERTES PROJEKT 2020/2021

Schlagworte: Destinationsentwicklung, Geschäftsmodelle, Resilienz

Innovative Geschäftsmodelle und neue Wertschöpfungsketten im Rahmen einer resilienten Destinationsentwicklung

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Das Projekt „Innovative Geschäftsmodelle und neue Wertschöpfungsketten im Rahmen einer resilienten Destinationsentwicklung“ widmet sich der Frage, wie Strukturen und Strategien im bayerischen Tourismus so auszurichten sind, dass diese einerseits möglichst resilient sind, und andererseits gezielt die coronainduzierten Veränderungs- und Transformationsprozesse aufgreifen. Es verwendet einen Mix aus verschiedenen methodischen Ansätzen. Unter anderem werden neben einer umfangreichen Literaturrecherche explorative Interviews mit 15 zentralen Stakeholdern sowie eine quantitative, zweistufige Delphi-Befragung im Zuständigkeitsbereich des Tourismusverbandes Franken e.V. durchgeführt, der als Untersuchungsraum exemplarisch als eine der vier bayerischen Tourismusregionen fungiert.

Der Frankentourismus hat mit einem Umsatz von 10,5 Mrd. Euro und 177.000 Beschäftigten im Jahr 2019 eine hohe wirtschaftliche Relevanz in Franken. Im Jahr 2020 weist die Statistik insgesamt 14.925.908 (-41,1 %) Übernachtungen und 5.629.266 (-48,6 %) Gästeankünfte aus. Noch deutlicher zeigt sich dieser Einbruch durch die Corona-Pandemie bei den internationalen Reisenden mit -62 Prozent Übernachtungen und -68 Prozent Gästeankünften. Mit diesem Einschnitt erreicht der Frankentourismus den Jahresstand 1990 sowie einen ausgefallenen Umsatz von fast 4 Mrd. Euro (Tourismusverband Franken e.V., 2020).

Die Corona-Pandemie ist vor diesem Hintergrund ein Weckruf-Ereignis und wirkt als Katalysator für Aspekte der Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Diese Zeit sollte dazu anregen, um Transformationen und Innovationen anzutreiben. So gilt es diesbezüglich, digitale Lücken zu schließen und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, die stärker auch die lokale Bevölkerung in die touristische Wertschöpfung einbezieht.

Theoretisch greift die aus dem Projekt entstandene Studie das Wirkungsgefüge von Geschäftsmodellen auf, verdeutlicht die Wichtigkeit von regionalen Wertschöpfungsketten sowie die von Innovation und Nachhaltigkeit in Geschäftsmodellen von Destinationen und stützt sich auf die Resilienz als Kompetenzfaktor einer zukunftsorientierten touristischen Destinationsentwicklung. Das Hauptziel besteht darin, Entwicklungs- und Gestaltungsmöglichkeiten von Geschäftsmodellen und Wertschöpfungsketten für den fränkischen Tourismus zu identifizieren und zu analysieren, wie diese den veränderten Rahmenbedingungen gerecht werden und zugleich zu einer resilienten Destinationsentwicklung beitragen können.

Auf Grundlage der einschlägigen Literatur leitet das Projektteam das Konzept der Resilienz als einen zentralen konzeptionellen Ansatz der Destinationsentwicklung ab. Megatrends wie Globalisierung, Klimawandel und demographischer Wandel, aber auch die Corona-Pandemie sind einige Treiber, die sich auf die Resilienz von Destinationen auswirken. Derartige Einflüsse gefährden die Beständigkeit von Systemen und zeigen deren Verletzlichkeit und Krisenanfälligkeit auf. In diesem Zusammenhang kann Resilienz dabei helfen, neue Sichtweisen auf Veränderungs­prozesse und Herausforderungen zu entwickeln, um sich frühzeitig mit Zukunftsfragen auseinanderzusetzen und unterschiedliche Handlungs- und Gestaltungsoptionen im Blick zu behalten.

Nach den Projektergebnissen unterstreicht die Corona-Pandemie, dass touristische Geschäftsmodelle unter Berücksichtigung des Innovationsparadigmas kontinuierlich auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagieren sollten beziehungsweise müssen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Zwei zentrale Elemente sind dabei ein proaktives Stakeholder-Management sowie eine Nachhaltigkeitsorientierung, welche Tourismus als regionales und zugleich branchenübergreifendes Netzwerk betrachtet. Dies kann in der Folge als eine Grundlage für die Diversifikation von Werteketten innerhalb touristischer Destinationen gesehen werden. Ein Ansatz für künftige Destinationsentwicklung ist dabei die Intensivierung von lokalen beziehungsweise regionalen, zugleich kooperativ ausgestalteten Wirtschaftskreisläufen.

Die verschiedenen Methoden aus explorativen Interviews und den Delphi-Befragungen führen zu Ergebnissen, die in der abschließenden Analyse zum Testen und Bewerten von Thesen, unter anderem zur Kooperation, Koordination, Organisation und Kommunikation im Jahr 2025, herangezogen werden. Exemplarisch werden hier die Ergebnisse der qualitativen Interviewreihe wiedergegeben.

Bestimmte Aspekte steigern die Resilienz von Unternehmen und Destinationen, weshalb diese zukünftig stärker eingebunden werden sollten:

  • Kooperationen und Netzwerke wirken resilienzfördernd.
  • Steigende Agilität von Unternehmen führt zu einer steigenden Resilienz.
  • Resilienz ist auch abhängig von einzelnen Personen und (Führungs-)Persönlichkeiten.
  • Insbesondere Lern- und Anpassungsfähigkeit spielen eine wichtige Rolle für Resilienz.

Um anpassungsfähig im Kontext des Tourismus zu sein, ist es wichtig, einen Schritt weiter oder vorauszudenken, Angebote zu verändern und neue Angebote zu schaffen, die mit den veränderten Rahmenbedingungen abgestimmt sind. Dabei ist die Annahme einer Krise ein wichtiger Schritt, um zukunftsfähige Anpassungen vornehmen zu können.

Kritische Faktoren

Die Befragten wurden darum gebeten, die kritischen Faktoren nach ihrer Wichtigkeit zu priorisieren. Der Einschätzung der Wichtigkeit lag eine Rangfolge von 1 bis 10 zugrunde, wobei 1 für außerordentlich wichtig und 10 für weniger wichtig steht und sich anhand des Mittelwertes (MW) 29 (n=72) ablesen lässt

Notwendigkeit von Leadership der DMO mit hohem Maß an Kompetenz (Information, Wissen, Weiterbildung)

Mittelwert: 4,15

Verfolgung einer gemeinsamen Destinationsstrategie, z.B. Markenauftritt, Zielgruppe, Netzwerke

4,43 Mittelwert

Betonung und Beibehaltung der Vielfalt der Destination Franken

Mittelwert 4,58

Sicherstellung von Projektfinanzierung und Personal

Mittelwert 4,58

Implementierung des Destinationsdenkens über alle Stakeholder hinweg (Politik, Einwohner, Leistungsträger, verwandte Branchen etc.)

Mittelwert 5,22

Bewusstseinsbildung für Regionalisierung und regionale Wertschöpfung

Mittelwert 5,29

Digitale Vernetzung der Leistungsträger entlang der Customer Journey, z. B. mittels Plattformen und Open Data

Mittelwert 5,89

Kontinuierliche Umsetzung der Innovations und Produktentwicklung

Mittelwert 5,99

Entwurf einer klaren Nachhaltigkeitsstrategie

Mittelwert 6,71

Sicherstellung einer Balance von Koordination und Flexibilität

Mittelwert 7,89

Die Studie leistet einen spezifischen Beitrag zur zukünftigen Destinationsentwicklung. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie sind zum einen die Ergebnisse für die Tourismuspraxis relevant, um in einer Phase der betrieblichen und gesellschaftlichen Herausforderungen Geschäftsmodelle zu überdenken und neu auszurichten. Zum anderen zeigt das Forschungsprojekt im Rahmen der Fallstudie der Destination Franken auf, welche Anpassungsmechanismen entscheidend sind und bietet so einen Beitrag zum wissenschaftlichen Diskurs.

Projektverantwortung

Prof. Dr. Harald Pechlaner (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Lehrstuhl für Tourismus und Zentrum für Entrepreneurship)

Projektbericht

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